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Der Ocean Park – lyrischer Dünnschiss

■ Der taz liegt das streng vertrauliche neue „Konzept“ für den Ocean Park vor / Nur noch „Meere des Nordens“ sollen Thema sein, viele der Attraktionen sind nur virtuell geplant

Am 3. Februar will die Bremerhavener Stadtverordneten-Versammlung mal wieder über Zwischen-Ergebnisse der Ocean-Park-Planung reden. Bisher ist der neueste Planungsstand für den „Blauen Planeten“ streng geheim – nur dass alles erheblich billiger werden muss, ist bekannt. Der taz liegt jetzt das neueste Planungspapier für die Spar-Variante vor.

18,7 Millionen Mark sind nach Angaben der „Ozean-Park-Entwicklungs-Gesellschaft“ (OPEG) seit 1996 für die Köllmann-Planungen ausgegeben worden. Zunächst waren die Ergebnisse, die Köllmann für ausgereift hielt, im Dezember 1996 vorgestellt worden – „die öffentlichen Reaktionen waren überwiegend positiv“, erinnert die OPEG. Die Gutachten zur Rentabilität dagegen weniger.

Eine neue „Designphase II“ wurde vereinbart, im Frühjahr 1999 sollten die Ergebnisse vorliegen. Daraus wurde nichts, schließlich sollten die Planungen am 31.12.1999 ultimativ enden.

Seit dem Sommer 1999 ist allerdings bekannt, dass in den Köllmann-Planungen für den Blauen Planeten eine Finanzierungslücke von ca. 70 Millionen Mark klafft. Die Köllmann-Planer legten konsequenterweise jetzt eine Spar-Version vor: Statt 176 Millionen Mark soll der „Frequenzbringer“ des Ocean Parks, der Blaue Planet, nur noch 113 Millionen Mark kosten. Das inhaltliche Konzept für die Spar-Version erinnert allerdings mehr an die Seminararbeit eines Studenten als an die Resultate fünfjähriger und 18 Millionen Mark schwerer Experten-Planungen.

Während bisher die Hauptattraktion, der „Blaue Planet“, die eingeplanten 800.000 zahlenden Touristen im Jahr mit „verschiedenen Erlebniszentren der Unterwasser-Regionen dieser Erde“ nach Bremerhaven locken sollte, soll sich die abgespeckte Version schlicht auf „die Meere des Nordens“ konzentrieren. Das Wort Sparversion wird allerdings peinlich vermieden. „Es ist nun notwendig, das Thema konkreter zu formulieren“, steht im Vorspann des neuen Konzeptes, die Attraktivität des Blauen Planeten gelte es „zu optimieren“. Während bis zum Sommer 1999 ein „thematisiertes Großaquarium Korallenriff“ zu den Anziehungs-Punkten des Blauen Planeten gehörte, ist das neuerdings schlicht überflüssig: „Leicht zugänglich“ sei so etwas, „praktisch in allen Großaquarien dargestellt“ – daher in Bremerhaven verzichtbar. Das hochgepriesene IMAX-Kino – gestrichen.

Im alten Konzept war „Tropischer Regenwald – thematisiertes Aquarium“ einer von sieben Spiegelstrichen. Im neuen Konzept fehlt das. Das Ocean-Trainingscamp, in dem Kids in mehrtägigen Angeboten Schätze bergen und die Anstrengungen der Tiefseeforschung am eigenen Leib „erfahren“ sollten – gestrichen. Schlussfolgerungen für die kalkulierten Besucher-Ströme gibt es nicht, das ganze ist einfach eine gute neue Idee.

Aber was nun genau stattfinden soll im Blauen Planeten, das steht auch in dem neuen Konzept nicht. Es vermittelt auf über 40 Seiten mehr bemühte Lyrik als präzise Planungs-Ergebnisse. „In irgendeine Form müssen zu den einzelnen Themen auch Informationen vermittelt werden“, steht da zum Beispiel. In ihrem 18 Millionen Mark schweren Planungsprozess sind die Köllmänner auf echte Erkenntnisse gestoßen: „Es existiert eine polare Wechselwirkung, die in einer harmonischen Ganzheit eingebettet sein muss. Action und Atmosphäre müssen sich zueinander komplementär verhalten wie Yin und Yang.“

Die Eiszeit ist der „logische Einstieg in das Thema“, steht da, wird allerdings „grundsätzlich virtuell“ dargestellt. „Auf jeden Fall muss das Mammut, das Symbol für die Eiszeit, ... präsentiert werden“ – auch virtuell. Die „Überleitung von der Eiszeit zur Neuzeit“ wird dargestellt – mit einem „interaktiven „Simulationsmodell“. Mit einem Propellerschlitten, wie ihn Alfred Wegener benutzte, soll man „durch die Eiswildnis Grönlands fahren“ – im „Simulations-Ride“.

Nicht alles soll allerdings „virtuell“ und auf Bildschirmen dargestellt werden. Etwa „Iglus“ soll es geben, in denen Kinder echt spielen können – „aus Styropor-Blöcken“.

Begegnungen mit dem Eisbären, stürzende Walrosse, springende Wale, alles wird erlebbar sein – auch nur „virtuell, aber in einem atmosphärisch hoch geladenen Kontext“. Und die Besucher sollen sozusagen mit Blick auf das stürzende Walross die Bratwust in sich hineinstopfen können: „Diese Simulatoren sind in thematisierter Umgebung im Polarbereich bzw. in der Polarzone des gastronomischen Bereichs mit seinen Themen-Spielplätzen zu platzieren.“

Die Pinguin-Kolonien der Antarktis gibt es auch „nur virtuell“ den Polarhimmel als „eine Mega-Light-Show, begleitet von einem leisen Wind-Gesäusel ...“ Selten ist die Diktion so weitgehend eindeutig wie beim Kapitel Tiefsee: „Die Tiefsee bleibt voraussichtlich weitgehend der virtuellen Darstellung vorbehalten.“ Voraussichtlich.

Bleibt für den kritischen Leser dieses Ergebnisses einer „Designphase II b“ die Frage, was nun wirklich dargestellt werden soll. „Leuchttürme und Deich z.B. sind im Ocean Park bereits vorhanden“, beruhigt das Konzept. Plattfische, Rochen und Haie sollen gezeigt werden, Seesterne, Seeigel. „Das Watt strotzt nur so vor Leben“, haben die Wiesbadener Planer gelernt. Alles soll man in Bremerhaven sehen können, aber Ebbe und Flut „wahrscheinlich nur filmisch und mit Animation“. Soll ein Wal im Aquarium gezeigt werden? Was würde „Green Peace“ dazu sagen? Das Konzept liest sich an dieser Stelle wie das Protokoll einer offenen Beratung: „Bevor man diese Idee aber gleich verwirft, sollte man dies noch einmal prüfen.“

Wenn das gesamte Gebäude architektonisch wie ein Eisberg gebaut ist, dann „könnte es für Besucher reizvoll sein“, den „Eisberg“ zu besteigen oder sogar eine „Kletterpartie in einer Eiswand“ zu unternehmen. „Könnte“.

Nicht verzichten will Köllmann auf eine echte Dünenlandschaft mit echten Strandkörben. „Auf den dahinter ansteigenden gelben Dünen wächst Strandhafer ... Benachbart können die Kinder Sandburgen bauen. Durch die Nähe der Spielplätze haben die Eltern, die sich in den gastronomischen Komponenten aufhalten, das Gefühl, ihre Kinder beaufsichtigen zu können und werden so erst in die Lage versetzt, die Atmosphäre zu genießen und sich bei einem Kaffe o.ä. zu entspannen.“ Das hat nicht einmal jemand Korrektur gelesen, so schnell musste dieses Konzept geschrieben werden.

Die vielen Elemente mit Fragezeichen, mit „könnte“ und mit „vielleicht“ weisen darauf hin, dass es keine Kostenkalkulation gibt. Köllmann legt sich damit nicht fest, es könnte alles auch ganz anders werden, wenn plötzlich jemand fragt: Wie soll dieser abgespeckte Park die bisher kalkulierten Touristen von weither anlocken?

Zu dem halbseidenen Konzept passt es insofern, dass diverse Immobilien-Kaufleute vorsichtig ihre Fühler ausstrecken. Nicht nur die IVG/WCM des Kai Ehlerding hat Interessen an dem exklusiven großen Meer-Grundstück, auch Zechbau hat eventuell Interesse und die Immobilien-Tochter der Berliner Landesbank, die Bavaria, hat sich gemeldet. Wenn die Kosten in Grenzen bleiben, dann ist für Immobilien-Kaufleute eigentlich egal, was da geplant und womöglich in den Sand gesetzt wird – ein paar Millionen Verluste sind gegen satte Gewinne aus dem Grundstück eher „peanuts“. Köllmann wird gebraucht als Plappermaul, das notfalls alle acht Wochen ein neues „Konzept“ auf Hochglanz-Papier bringt. Die Immobilien-Fonds interessiert vor allem die Quadratmeterzahl der attraktiven Fläche am Meer. K.W.

Der Blaue Planet Abb: www.oceanpark.de

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