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Eigentlich hasst Kanther die Lüge

■ Früher forderte der Ex-Innenminister Manfred Kanther (CDU) gerne mal scharfe Gesetze und harte Urteile. Letzteres könnte ihn bald selbst treffen

„Hinstehen statt wegducken“; das war bisher das Motto von Manfred Kanther, dem „Naßkämmer“, wie ihn Joschka Fischer einmal charakterisierte. „Stahlhelmer“ nannten SPD und Bündnisgrüne ihren Lieblingsfeind von der Union gerne oder „Rechtsaußen“. Der 1939 im schlesischen Schweidnitz geborene Kanther nahm die Schmähungen seiner politischen Gegner immer wie Orden entgegen. Sie mehrten seinen Ruhm. Und sie wurden seinem Ruf gerecht, der härteste Hund der Republik zu sein.

Zunächst als Generalsekretär der hessischen CDU unter dem damaligen Parteivorsitzenden Walter Wallmann. Dann als Finanzminister unter dem Ministerpräsidenten Walter Wallmannn. Anschließend als Landesvorsitzender der hessischen Union. Und schließlich als Innenminister unter Kanzler Helmut Kohl nach dem Rücktritt von Rudolf Seiters infolge des Desasters von Bad Kleinen. „Hinstehen statt wegducken“, gab er als sein Motto aus – auch in der Asylfrage und beim Kampf gegen die organisierte Kriminalität. Es war Kanther, der mit allen Mitteln für eine Grundgesetzänderung beim Asylrecht focht; zum großen Nachteil der Flüchtlinge. Strafverfahren wollte er beschleunigt sehen und den Kampf gegen die Korruption forciert, „bevor sie sich als zersetzendes Gift im gesellschaftlichen Körper festsetzt“. Mit Geldwäsche hatte Kanther in seinen Jahren als Bundesinnenminister schon genug zu tun: Unter seiner Ägide entstand das Geldwäschegesetz, er zeichnete verantwortlich für das Korruptionsbekämpfungsgesetz von 1997. Am meisten, sagte Manfred Kanther einmal, verabscheue er die Lüge.

Verabscheut er sich nun also selbst am meisten? Schließlich hat er, einem Mafioso ähnlich, Millionen ins Ausland verschoben, vorbei an Recht und Ordnung. Für Manfred Kanther ist Manfred Kanther immer noch ein „Ehrenmann“. Er habe das alles nur für die Partei getan, beteuerte er am Freitagabend. Und für die Partei will er sich jetzt selbst an den Pranger gestellt haben: Eine „soldatische Tugend“ (Kanther) im immerwährenden Krieg des Guten gegen das Böse. „Wir wollten die Partei schlagkräftig halten“, sagte Kanther, „wir wollten für die Partei eintreten in umfochtener Zeit.“

Die Grünen forderten den 60 Jahre alten Bundestagsabgeordneten gestern auf, sein Mandat niederzulegen, denn er sei der „Pate eines organisierten Geldwaschsalons“ gewesen. Steht Kanther – ohne Immunität – bald vor einem Richter? Der beherzigt dann vielleicht Kanthers Mahnung vom Februar 1998: „Bei erwachsenen Straftätern wird sehr häufig das Strafmaß überhaupt nicht ausgewogen ausgeschöpft.“ kpk

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