: Prinzip Hoffnung im Steuerloch
Steuerpläne des Bundes kosten Hamburg in den kommenden fünf Jahren fast 2,8 Milliarden Mark. Konsolidierung kaum noch möglich ■ Von Peter Ahrens
Das achte Jahr wird das verflixte. Bis kurz vor Weihnachten konnte SPD-Finanzsenatorin Ingrid Nümann-Seidewinkel noch relativ sicher sein, dass das klappt mit dem ausgeglichenen Betriebshaushalt, auf den der Senat seit sieben Jahren hinarbeitet. Dann jedoch kam der Bundesfinanzminister und versprach Steuerentlastungen. Und der Steuersatz, den der Bund senken will, fehlt den Ländern in ihrer Bilanz: Für Hamburg bedeutet das weniger Einnahmen von fast 2,8 Milliarden Mark in den kommenden fünf Jahren, teilte Nümann-Seidewinkel gestern mit. Wenn sich die Berechnungen bewahrheiten, kann die Senatorin das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel der Haushaltskonsolidierung bis 2001 vergessen.
„Es wird extrem schwierig, das Ziel unter diesen Vorgaben noch zu erreichen“, musste sie gestern eingestehen. Die Senatorin setzt zwar darauf, dass die Konjunktur anspringt, die Arbeitslosenzahlen nach unten gehen und dadurch wieder mehr in die Kasse kommt, aber: „Das ist das Prinzip Hoffnung.“
42 Prozent der Einkommenssteuer erhalten die Länder, 15 Prozent die Kommunen – wenn der Bund die Steuer wie angekündigt senkt, ist Hamburg als Stadtstaat doppelt gekniffen. Die Senatorin will versuchen, beim Bund noch Zugeständnisse zur Gegenfinanzierung zu erreichen – „doch es gibt nur die Chance, etwas zu korrigieren, wenn man nicht über die Medien kommuniziert, sondern direkt mit den Leuten spricht.“
Den Senat bringen angesichts solcher Aussichten selbst die Steuermehreinnahmen von 779 Millionen Mark aus dem Vorjahr nicht viel weiter – so erfreulich die für eine Schatzmeisterin auch sein mögen. Helfen könnte dagegen das Geld aus dem Verkauf weiterer HEW-Anteile an den schwedischen Stromkonzern Vattenfall. Das Staatsunternehmen garantiert für die bei der Stadt noch verbliebenen 25,1 Prozent bis zum 1.1.2003 einen Kaufpreis von 1,7 Milliarden Mark. Doch auch mit dem HEW-Geld wird der Senat in den kommenden Jahren erhebliche Schwierigkeiten bekommen.
Vor allem das Jahr 2005 mit geschätzt einer Milliarde fehlenden Steuergeldes „kann für uns zu einem echten Problemjahr werden“, sagt die Senatorin. Denn in den Prognosen ist die vom Verfassungsgericht vorgeschriebene Neuregelung eines Länderfinanzausgleiches ab 2004 noch nicht eingerechnet. Es ist wahrscheinlich, dass von dieser Seite auch noch Belastungen auf den Haushalt zukommen.
Eins steht fest: Noch stärker gespart wird als Reaktion nicht. „Eine höhere Sparquote in der Verwaltung ist nicht drin“, macht Nümann-Seidewinkel klar. Das Konsolidierungskonzept, bei dem in den vergangenen sieben Jahren knapp 7000 Stellen abgebaut wurden, ist bis 2001 angelegt. An eine Verlängerung sei nicht gedacht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen