: BVG rüstet ihre Fahrer mit einem dritten Auge aus
Fahrgäste in Bussen und Bahnen werden sechs Monate lang per Video überwacht. Kameras sollen potenzielle Vandalen abschrecken. Datenschützer hat keine Bedenken
Wer vor dem Geldautomaten steht oder ein Kaufhaus betritt, grinst schon aus Routine in Überwachungskameras. Bald gilt auch bei der BVG die Aufforderung „Bitte recht freundlich!“
Ab dem kommenden Sommer will die BVG in einem Feldversuch die Fahrgäste in 100 Straßenbahnen und 50 Bussen für sechs Monate mit Kameras überwachen. Diese Konsequenz zog die BVG gestern aus einem achtwöchigen Pilottest. Dabei waren je zwei Straßenbahnen und Busse, sowie ein U-Bahn-Zug mit Kameras bestückt worden. Sollte auch der Feldversuch Erfolg zeigen, will die BVG sämtlich Fahrgäste überwachen lassen.
Bei Bus und Tram erscheint das Bild auf einem Monitor beim Fahrer. „Aufgezeichnet wird nur verdachtsbezogen, wenn der Fahrer eine Straftat sieht und den Aufnahmeknopf drückt“, erklärte BVG-Betriebsvorstand Hans-Heino Dubenkropp. Im Pilotprojekt waren die Fahrgäste nur beobachtet, die Bilder aber nicht gespeichert worden. Dabei sei lediglich ein Fall von Vandalismus aufgetreten, den der Busfahrer jedoch trotz Monitor übersehen habe. Die geringe Zahl führte Dubenkropp auf die Abschreckung zurück, da die Fahrgäste mit auffälligen Hinweisen auf die Überwachung aufmerksam gemacht worden seien. Dies sei der entscheidende Effekt, erklärte Dubenkropp. Vandalismus kostete die BVG 1999 16 Millionen Mark. Der Feldversuch kostet 1,5 Millionen Mark.
„Eine Überwachung, wie die BVG sie plant, verstößt nicht gegen das Gesetz“, betonte der Berliner Datenschutzbeauftragte Hansjürgen Garstka. „Unzulässig wäre es, wenn die Kameras ständig aufzeichnen würden oder Bilder von Fahrgästen aufbewahrt würden, ohne dass der Verdacht auf eine Straftat besteht.“ Dubenkropp versicherte jedoch, die BVG habe „nicht das geringste Interesse, in der Richtung ins Gerede zu kommen“. Es werde auch kein Register über auffällig gewordene Fahrgäste geben.
Aufnahmen aus U-Bahnen sollen per Funk an eine Überwachungszentrale gesendet werden. Die Technik hierfür ist noch im Test. Die Meinung der Fahrgäste hat die BVG während des Pilotprojekts nicht eingeholt. Es habe jedoch positive Zuschriften gegeben, sagte Dubenkropp. „Eine 94-jährige Dame hat uns geschrieben. Die fand das ganz toll.“
Frauke Niemeyer
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