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Deutsche bei Entschädigung auf dem Rückzug

„Kompromissbereit“: In den Gesprächen über die Entschädigung von Zwangsarbeitern rückt die deutsche Seite nun doch von ihrer maximalistischen Verhandlungsstrategie ab

Berlin (taz/dpa) – Bei der jüngsten Verhandlungsrunde zur Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter in Washington scheint die deutsche Delegation Rückzugssignale zu senden. Sie besteht nach den Worten von Volker Beck, bündnisgrüner Abgeordneter und Verhandlungsteilnehmer auf deutscher Seite, nicht mehr darauf, dass frühere Entschädigungsleistungen angerechnet werden. Ein entsprechender Passus hatte sich in dem Gesetzentwurf der Koalition zum Stiftungsgesetz befunden. Er war auch in der deutschen Öffentlichkeit nahezu einhelliger Kritik verfallen.

Beck sieht in diesem Rückzug die Chance, dass die „Schwerstverfolgten“, also die KZ-Sklavenarbeiter, jetzt mehr Geld erhalten. Nun, so Beck, müsse es noch gelingen, den drohenden Ausschluss ganzer Opfergruppen zu verhindern. Der Abgeordnete bezog sich dabei auf die Ausgrenzung von Zwangsarbeitern, die außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches von 1937 eingesetzt worden waren, etwa im „Wartheland“ oder im „Reichsprotekorat Böhmen und Mähren“.

Unklar ist auch noch, ob und wie die in der Landwirtschaft und nicht unter Haftbedingungen eingesetzten Zwangsarbeiter entschädigt werden sollen. Hier macht der Entschädigungsspezialist Günther Saathof darauf aufmerksam, dass eine Umverteilung zu Gunsten dieser Opfergruppe in denjenigen Staaten, aus denen viele auf dem Land eingesetzte Zwangsarbeiter stammen, nicht zu Lasten der KZ-Sklavenarbeiter gehen dürfe. Für solche Länder, etwa die Ukraine, müsse ein finanzieller Ausgleich geschaffen werden. Scharfer Kritik war auch der mit eine Milliarde Mark dotierte „Zukunftsfonds“ für wissenschaftliche und Begegnungsarbeit ausgesetzt, weil er eine viel zu große Summe von den Entschädigungsgeldern abziehe. Die gleiche Kritik traf auch den in gleicher Höhe bezifferten Fonds zum Ausgleich für Vermögensschäden. Auch dieser Betrag sei, gemessen an den zu erwartenden Ansprüchen, viel zu hoch angesetzt. Schließlich wurden auch die 300 Millionen Mark für Verwaltung und Anwaltskosten moniert. Ein Teil des letzteren Postens könne aus den Zinsen bezahlt werden, die der Gesamtfonds bis zur vollständigen Auszahlung der Gelder abwerfe.

Lothar Evers vom Bundesverband für NS-Verfolgte beurteilte gestern die Verhandlungslage vorsichtig. Ein „entscheidender Kompromiss“ sei noch nicht gefunden worden. Die deutsche Verhandlungsseite verhalte sich „beinhart“ in der Frage der Ausweitung des Kreises der Entschädigungsberechtigten. Von Graf Lambsdorff, dem deutschen Chefunterhändler, war hingegen gestern zu hören, dass die deutsche Seite in allen Punkten „zum Kompromiss“ bereit sei.

Die Front der zahlungsunwilligen deutschen Firmen, die während des Zweiten Weltkriegs Zwangsarbeiter beschäftigten, scheint auch während der Washingtoner Verhandlungen nicht ernsthaft zu bröckeln. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT), Hans Peter Stihl, zeigte sich allerdings gestern zuversichtlich, dass bis zum Sommer die versprochene Summe von fünf Milliarden Mark zusammenkommen würde. Diesem Ziel diene auch ein Rundschreiben an 200.000 deutsche Unternehmen, das eine dringende Aufforderung zum Industriefonds-Beitritt enthalte. Christian Semler

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