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Pfälzer, Großvater, Zuchtmeister – ein kleiner Helmut Kohl als Retter?

Der Thüringer Ministerpräsident Bernhard Vogel erlebt seine zweite Auferstehung: Er ist als Übergangsvorsitzender der CDU im Gespräch

Berlin (taz) – Früher Dienstagabend, Messegelände Erfurt, Neujahrsempfang der Bundeswehr vor Ort: Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) ist bester Laune. Gerade von einem Arbeitstreffen mit seinen Kollegen Stoiber und Teufel aus München zurückgekehrt, wiegt sich der leutselige Landesvater im Viervierteltakt. Ein Beobachter schwärmt: „Vogel sprühte vor Vitalität“.

Noch am späten Abend wird zu erfahren sein, warum. Die ARD meldet: Bernhard Vogel ist als Nachfolger des CDU-Vorsitzenden Wolfgang Schäuble im Gespräch. Das Indiz: das Treffen der mächtigen Unions-Ministerpräsidenten aus dem Süden.

Weil das „alles Quatsch“ sei und weil „Schäuble seine volle Unterstützung“ habe, wählte Vogel gestern die große Bühne. Via Fernsehen dementiert er hartnäckig alle Gerüchte. Er solidarisiert sich brav mit dem Parteichef und erklärt alle Personaldiskussionen für „völlig kontraproduktiv“. Stellt sich die Frage: Drängt sich ein alter Politprofi derart beflissen ins Bild, wenn an der Sache nichts, aber auch gar nichts dran ist?

„Vogel ist niemand, der jemanden absägt“, sagt ein Beobachter der Thüringer Politszene. Der Pfälzer Bernhard Vogel gilt als loyal, als bescheiden und als einer, der nichts mehr werden muss, weder in der Politik noch in der Partei. In Thüringen ist Vogel bekannt für seinen Ausspruch: „Ich ziehe den Karren, solange er gezogen werden will.“ Nicht ganz abwegig also der Gedanke: Der Parteisoldat Vogel, 67, spurt, wenn die Karre CDU ruft.

Da tritt plötzlich ein Mann aus den Tiefen des Thüringer Waldes in das Bewusstsein der Öffentlichkeit, der den Ruf genießt, integrieren zu können und väterlich zu sein. Einer, der nicht als Kohl-Mörder gilt, weil er den früheren Bundeskanzler seit seiner Pfälzer Jugend kennt und ihm politisch viel zu verdanken hat. Als Kohl noch Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz war, diente ihm Vogel neun Jahre als Kulturminister. Aber: Der loyale Bernhard Vogel ist auch einer, der nicht gegen Schäuble intrigiert. Einer, dem zugetraut wird, die Flügel der Partei zu einen und die Karre auf den richtigen Weg zu bringen.

„Ein eindeutiges Ja“, sagt der Thüringer CDU-Bundestagsabgeordnete Bernward Müller auf die Frage, ob Vogel für den Parteivorsitz der Geeignete ist – „wenigstens übergangsweise“. Denn, so Müller, es gehe ums Jetzt: die Affäre durchstehen, die Partei zusammenzuhalten.

Vorstellbar, dass Bernhard Vogel in bewährter Kärrnermanier und Hemdsärmligkeit, in seiner ihm eigenen Mischung aus Großväterlichkeit und Zuchtmeisterei in den Laden CDU Ordnung bringt.

Vorzuweisen hat er einiges: eine absolute Mehrheit im Thüringer Landtag. Aus einer „Chaostruppe“, die die Thüringer CDU 1992 bei seinem Antritt als Ministerpräsident war, hat er eine geschlossene Truppe geformt. Er wird in Verbindung gebracht mit sattgrünen Wiesen, auf denen er alljährlich durchs Land wandert – und nicht mit Spenden-Sumpf, durch den all diejenigen durchmüssen, die im Konrad-Adenauer-Haus stets in vorderster Reihe saßen.

„Für den Übergang“, sagt der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte, „ist Vogel genau der Richtige.“ Er sei ein „großer Integrator“, er sei „parteiintern unumstritten“, er sei eine „gute Wahl, weil er im nächsten Wahlkampf keine Rolle spielen muss“. Sachsens Ministerpräsident Biedenkopf scheidet für Korte aus. Er sei ein „Dissident“, er sei nicht mehrheitsfähig in der Partei.

CDU-Parteivorsitzender? Es könnte die letzte große Rolle des Provinzpolitikers Bernhard Vogel werden, die große Rolle auf großer Bühne. Er war Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz, er war 1988 ganz unten, nachdem ihm die eigenen Leute vor die Tür gesetzt hatten, er ruhte auf dem Abstellgleis in der Konrad-Adenauer-Stiftung, er ist wieder in der Provinz gelandet, als Ministerpräsident von Thüringen. Vogel dürfte den Parteivorsitz als Würdigung seiner Person empfinden. Als „eitel“ und „machtbesessen“ ist er durchaus auch bekannt.

„Vogel finde ich eine Katastrophe“, sagt der Publizist und frühere Mitarbeiter von Heiner Geißler, Warnfried Dettling. „Behäbig“ sei er, er agiere „patriarchalisch“ und sei keiner, „der politische Anstöße geben kann wie Biedenkopf“, kurzum, er habe kein „intellektuelles Profil“.

Dass jetzt Vogel von der CDU ins Gespräch gebracht werde, so Dettling, zeige nur, dass die „CDU auf der Stelle tritt“ und nicht „den Mut zum wirklichen Neuanfang hat“. Jens Rübsam

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