: Naivität gegenüber Rechts
■ Empörung in Elmshorn: Kein Verbot des Neonaziaufmarsches am Sonnabend durch die Pinneberger Kreisbehörde
Bürgermeisterin Brigitte Fronzek und der örtliche IG Metall-Chef Uwe Zabel haben von den Behörden ein Verbot des militanten Neonaziaufmarsches am Sonnabend in Elmshorn gefordert. „Ich gehe davon aus, dass die Demonstration sofort aufgelöst wird, wenn es sich um einen unifomierten Marsch handelt“, schreibt Fronzek der Versammlungsbehörde. „Ich bin zutiefst entsetzt, in welch einer Naivität der Kreis mit solchen Gewalttätern zusammenarbeit.“
Laut Zabel gehörten die Demoanmelder zur gleichen Szene, die für die jüngsten Anschläge gegen das Bündnis „Keine Toleranz für Neonazis in Elmshorn“ verantwortlich zeichnen. Der Kreis Pinneberg habe aber zu keiner Zeit an ein Verbot gedacht, so Fronzek, sondern sei „lediglich bemüht gewesen, eine konfrontationsfreie Route durch Elmshorn den Rechtsradikalen zu garantieren“.
Militante Neonazis haben – wie berichtet – gegen den Sternmarsch von DGB und Bündnis für „Integration und Toleranz“ eine Gegendemo angemeldet. Motto: „Keine staatliche Förderung linker Gewalt – Kampf dem Bündnis gegen Rechts“. Anmelder ist unter der Tarnkappe der „Jungen Nationaldemokraten“ Clemens Otto vom „Pinneberger Sturm“. Otto wurde 1998 vom Pinneberger Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Otto hatte mit drei Skins am Pinneberger Bahnhof einen Togolesen fast zu Tode geprügelt. Das Gericht erkannte nur deswegen auf eine Bewährungsstrafe, weil er angeblich der Neonazi-Szene um seinen Bruder Christoph Otto (FAP) abgeschworen hatte.
Seither tritt Clemens Otto immer wieder bei Fascho-Aufmärschen unter dem Banner des „Hamburger Sturms – Zusatz: „Pinneberg“ – in Erscheinung. Er pflegt gute Kontakte zum Hamburger Neonaziführer der „Freien Nationalisten“, Thomas Wulff, und zu Peter Borchert vom „Flensburger Sturm“. Borchert hat sieben Jahren wegen versuchten Totschlags gesessen.
Indes wächst die Unterstützung des Sternmarsches: So rufen gemeinsam Betriebsrat und Unternehmen des schwedischen Konzerns Autoliv ihre Elmshorner Belegschaft zur Teilnahme auf. In Schweden werden seit Jahren von Neonazis Anschläge auf Demokraten verübt, Erpressung und Terror der Justiz seien die Folge. Solche Entwicklungen müssten im Keim erstickt werden.
„Wir werden unseren Protest machtvoll auf die Straße tragen“, kündigte Zabel an, „und damit verhindern, dass die Neonazis in die Wohnviertel unserer ausländischen Mitbürger kommen.“
Peter Müller/Andreas Speit
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