: Grüne Frauen mögen keinen Doppeljob
In einem ist sich der Bundesfrauenrat einig: Amt und Mandat müssen weiterhin getrennt bleiben. Über die Frage aber, was Frauen in der Bundeswehr sollen, wird heftig gestritten
Hannover (taz) – Die Strukturreform der Grünen droht bereits vor dem Parteitag im März zu zerrinnen: Am Wochenende tagte dazu der Bundesfrauenrat und beschloss, dass Abgeordnete nicht gleichzeitig Parteifunktionäre sein sollen. Mandat und Amt sollen also weiter getrennt blieben.
Der Parteivorstand hatte zuvor beschlossen, beim Parteitag im März zu beantragen, dass die Hälfte des Vorstands künftig mit MandatsträgerInnen besetzt werden darf. Daraufhin gaben der Baden-Württembergische Fraktionschef Fritz Kuhn und die Berliner Fraktionsvorsitzende Renate Künast ihre Kandidatur für den Parteivorsitz bekannt. Zu viel Macht in zu wenig Händen, befand nun der Frauenrat. Genau das hätte der Doppeljob für Fritz Kuhn attraktiv gemacht: Bleibt die Trennung von Amt und Mandat bestehen, will er seine Kandidatur zurückziehen.
Der Bundesfrauenrat lehnte ebenfalls ab, dass der Job der frauenpolitischen Sprecherin Angelika Albrecht in Zukunft von einer der Vorsitzenden miterledigt wird, wie es die Vorlage für den Parteitag vorsieht.
Um der Forderung Nachdruck zu verleihen, kündigte Angelika Albrecht an, dass sie erneut für den Posten kandidieren werde.
Die schöne Eintracht der Frauen fand ein jähes Ende, als es um die Folgen des EuGH-Urteils zur Öffnung der Bundeswehr für Frauen ging: „Warum soll ich dafür sein, dass Frauen in die Bundeswehr gehen, wenn ich die Bundeswehr als Ganzes ablehne?“, fragte beispielsweise eine Delegierte, und schon hatte der unaufgearbeitete Kosovoeinsatz die Grünen wieder eingeholt: die Grundsatzfrage nach der Rolle der Bundeswehr und einer Gesellschaft, in der Krieg führen plötzlich wieder zu den politischen Handlungsmöglichkeiten gehört.
Auf der einen Seite stand Waltraud Schoppe, Mitglied der Wehrstrukturkommission, und erklärte abermals, wie sie in bosnischen Flüchtlingslagern ihre Lektion zum Thema „Unsere Armee soll höchstens Polizeieinsätze machen“ lernte: „Wenn da nicht die ganz dicken US-Panzer gestanden hätten, dann wäre in Bosnien heute noch Krieg.“ Und sie sagt Sätze, die bei den Pazifistinnen die Alarmglocken schrillen ließen: „Wir brauchen Armeen, die in Notfällen überzeugend drohen können.“
Das konterten Delegierte schlicht mit dem Parteiprogramm, in dem steht: „Wir lehnen Krieg als Mittel der Konfliktlösung ab.“ Und verknüpften sie mit feministischem Pazifismus: „Feminismus definiere ich immer noch so, dass wir Frauen für eine friedlichere Welt kämpfen“, hält eine Schoppe entgegen. Die fordert unverblümt den Einzug der Realpolitik in die Debatte: „Wir haben über Außen- und Friedenspolitik nie ehrlich diskutiert. Wir haben einen gewaltigen Nachholbedarf.“
Einigen können sich die Frauen nur darauf, dass im Zuge der Umsetzung des EuGH-Urteils das Grundgesetz nicht geändert werden soll, denn das verbietet die „Dienstpflicht“ für Frauen an der Waffe, ist also ein Bollwerk gegen die Wehrpflicht für Frauen. Alles andere wird vertagt: Man müsse erst über den Kosovoeinsatz diskutieren und die Soldatinnen anderer Länder befragen, bevor man Beschlüsse fasse. Die Tage der einfachen Formeln sind vorbei: 1987 hatte es noch geheißen: Nicht Frauen hinein in die Bundeswehr, sondern Männer raus!
Heide Oestreich
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