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Viagra wird fetter

Neue Nummer 2 auf dem Welt-Pharmamarkt: Viagra-Hersteller Pfizer übernimmt Konzern Warner Lambert ■ Von Reiner Metzger

Berlin (taz) – Die zweitgrößte Fusion auf dem Pharmamarkt ist beschlossen und wurde gestern in den USA verkündet: Der Konzern Pfizer übernimmt Warner Lambert im Zuge eines Aktientausches im Wert von 90 Milliarden Dollar. Das haben die Aufsichtsräte der beiden Firmen Sonntagnacht beschlossen. Damit entsteht der zweitgrößte Pharmakonzern der Welt. Die Nummer eins bleibt das neue Konglomerat aus Glaxo Wellcome und Smith Kline Beecham. Diese beiden hatten vergangenen Monat ihre Fusion bekannt gegeben.

Der neue Konzern vereinigt die beiden am schnellsten wachsenden Unternehmen der Branche. Pfizer wurde weltbekannt durch seine Potenzpille Viagra. Warner Lambert wiederum ist vor allem in den USA ein Begriff und macht schon gute Geschäfte mit Pfizer mit ihrer gemeinsamen, den Cholesterinspiegel im Blut senkenden Anti-Fett-Pille „Lipitor“. Die beiden verkaufen natürlich noch viele andere Produkte, von den Wilkinson-Rasierprodukten über Aquariumzubehör und Tiermedikamente bis zu Kosmetika.

Pfizer wurde 1849 von zwei deutschen Chemikern gegründet: Die Cousins Karl Pfizer und Karl Erhart waren von Ludwigshafen in die USA ausgewandert. Die ersten Erfolge erzielte die Firma mit der großtechnischen Herstellung von Zitronensäure. Der Viagrawirkstoff ist übrigens auch ein Salz der Zitronensäure. Der Durchbruch zum Weltgeschäft gelang gegen Ende des Zweiten Weltkriegs vor allem mit einem wirkungsvollen Produktionsverfahren für Penicillin. Pfizer stellte nach 1944 teilweise die Hälfte allen Penicillins weltweit her. Der Konzern mit Sitz in New York beschäftigt heute weltweit 46.000 Menschen, davon 1.900 in Deutschland. Für das vergangene Jahr berichtete er einen Gewinn von 3,2 Milliarden Dollar und ein Umsatzwachstum von 20 Prozent auf 16,2 Milliarden.

Warner Lambert hat seine Zentrale im Ostküstenstaat New Jersey. 43.000 Angestellte erwirtschafteten im Jahr 1999 einen Profit von 1,7 Milliarden. Der Umsatz wuchs ebenfalls um 20 Prozent auf 12,9 Milliarden Dollar.

Die neue Firma wird Pfizer heißen, Chef wird der bisherige Pfizer-Boss William C. Steere. Bevor er seine ehrgeizigen Ziele von 1,6 Milliarden Dollar Einsparungen in den nächsten zwei Jahren verwirklichen kann, muss er erst einmal eine Rekord-Vertragsstrafe zahlen: Eigentlich hatte Warner Lambert im November schon einen gültigen Fusionsvertrag mit einem anderen Konkurrenten geschlossen – die Firma American Home Products wollte 70 Milliarden Dollar in Aktien zahlen. Pfizer machte den Warner-Lambert-Aktionären jedoch innerhalb von Stunden nach Bekanntgabe des Vertrags ein wesentlich höheres Angebot und erhielt nun den Zuschlag. Jetzt wird eine Zahlung von 1,8 Milliarden Dollar an den düpierten Mitbewerber fällig.

Solche Kleinigkeiten konnten den Enthusiasmus in den Firmenerklärungen jedoch nicht stoppen. Der neue Gemeinschaftskonzern soll um 25 Prozent im Jahr wachsen und dadurch den Branchenführer Glaxo SmithKline bald überholen. Eine ganze Parade von neuen Produkten soll dafür in den nächsten Jahren die Entwicklungspipeline von Pfizer verlassen. Die erfolgreichsten unter ihnen sollen mehr als eine Milliarde Dollar im Jahr Umsatz machen und gegen Migräne, Schizophrenie oder Arthritis wirken. Jobs sollen nicht in den Labors und im Vertrieb gestrichen werden, sondern in Management und Verwaltung. Pfizer-Chef Steere will die Mittel für die Forschung sogar noch aufstocken, obwohl allein sein Teilkonzern 1999 schon 2,5 Milliarden Dollar in Labors und Tests investiert hat.

Viele Forschungsmilliarden in gemeinsamen, hoch effizienten Forschungs- und Entwicklungsabteilungen – diese Taktik verfolgen jedoch auch die Konkurrenten. Wer in dem Rennen „Viel hilft viel“ schließlich gewinnen wird, ist noch unklar.

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