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„Ob es eine kluge Entscheidung ist ...“

Beim Treffen mit französischen Außenpolitikern kritisiert Hans-Ulrich Klose (SPD) die europäische Reaktion auf die Regierungsbeteiligung der rechtsextremen FPÖ in Österreich

Paris (taz) – „Wir verhalten uns jeden Tag doppelzüngig“, sagt Hans-Ulrich Klose seinem Publikum, „wir haben einerseits moralische Grundsätze, und wir wissen andererseits, dass wir nicht immer moralisch handeln können.“ Der SPD-Politiker und Vorsitzende der Außenpolitischen Kommission des Bundestages, Klose, befindet sich zwei Stock unter der Erdoberfläche. Direkt neben der Seine in einem gut isolierten Konferenzraum unter der Nationalversammlung in Paris. Ihm gegenüber sind die Mitglieder der Außenpolitischen Kommission des französischen Parlamentes platziert. Neben ihm sitzt sein Amtskollege Jack Lang, ebenfalls Sozialdemokrat. Auf dieser Ebene treffen sich Franzosen und Deutsche regelmäßig, um ihre Außenpolitik kennenzulernen und abzustimmen. An diesem Mittwoch geht es unter anderem um den Haider-Komplex.

Mehrere Abgeordnete wollen wissen, was der Deutsche zu der konservativ-rechtsextremen Regierung in Wien zu sagen hat. Jack Lang, der eigentlich gar nicht gefragt ist, murmelt: „Glücklicherweise sind die europäischen Regierungen dagegen aktiv geworden.“ Dann legt Klose los und stellt die ganze europäische Einheit in Frage. „Wir haben das jetzt entschieden und müssen es machen“, sagt er, „aber ob es eine kluge Entscheidung ist – das ist offen.“ Wenn die Verabredung der 14 EU-Staaten dazu führte, andere Europäer, die in dieselbe Richtung wie Haider gehen wollten, davon abzuhalten, wäre das „glücklich“, so Klose. Doch im Augenblick, sei eher das Gegenteil der Fall.

„In Österreich ist Haider ein Held“, stellt der Gast aus Deutschland fest, „wenn morgen Wahlen wären, würden ihn 40 Prozent wählen. In Europa ist er eine große Persönlichkeit geworden. Ihm werden jetzt überall die Mikrophone entgegengehalten. Das wollten wir verhindern.“

Während Klose seine Kritik äußert, wird oberirdisch die Kakophonie über die konservativ-rechtsextreme Koalition in Wien immer lauter. In Berlin wirft Bundeskanzler Schröder dem CSU-Chef Stoiber, „problematische politische Nähe“ zu Jörg Haider vor. In Hamburg bereitet eine Gruppe von Christdemokraten einen Ausflug nach Österreich vor, um dessen diplomatischer Isolierung vorzubeugen. In München nennt der CSU-Generalsekretär den deutschen Regierungschef „kanzlerunwürdig“. Und in Paris kündigt, nur wenige hundert Meter von dem Konferenzraum unter der Nationalversammlung entfernt, ein Sprecher der rot-rosa-grünen Regierung „noch schärferes Vorgehen“ gegenüber der österreichischen Regierung an.

Klose hingegen erinnert seine inzwischen andachtsvoll verstummten Zuhörer daran, dass „fast überall in Europa rund 15 Prozent der Menschen so denken wie Haider“. Er sagt das für Deutschland, für Spanien, wo in den vergangenen Tagen eine regelrechte Menschenjagd auf marokkanische Immigranten stattgefunden hat, und für Frankreich, wo es eine starke rechtsextreme Partei wie die „Front national“ gibt.

„Extraordinaire“, entfährt es einem stockkonservativen Abgeordneten im Publikum. „Ja wirklich, der Mann ist brillant“, antwortet ein paar Sitze weiter ein französischer Sozialdemokrat, „er analysiert und spricht völlig ungehemmt.“ Dorothea Hahn

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