: Parteispitze stellt sich hinter Roland Koch
Das CDU-Präsidium will Hessens Ministerpräsident Koch weiter an seinem Platz sehen. Es war halt nur ein „politischer Fehler“. Merkel greift SPD an. Saarland will Parteiengesetz ändern ■ Von Tina Stadlmayer
Berlin (taz) – Hessens Ministerpräsident Roland Koch musste gestern dem CDU-Präsidium Rede und Anwort stehen. Er ist dabei glimpflich davongekommen. Die CDU-Spitze geht wohl davon aus, dass sie den Lügner Koch nicht zum Rücktritt auffordern kann, solange der Lügner Schäuble Vorsitzender bleibt. Generalsekretärin Angela Merkel berichtete, die Parteiführung sei zu dem Schluss gekommen, dass Koch Ministerpäsident bleiben solle, obwohl seine Glaubwürdigkeit „tangiert“ sei.
Koch hatte die CDU-Spitze und die Öffentlichkeit über Manipulationen am Rechenschaftsbericht der hessischen Landespartei hinters Licht geführt. Dies könnte mit dazu beitragen, dass Bundestagspräsident Thierse heute den Rechenschaftsbericht der Bundes-CDU zurückweist und ihr Staatszuschüsse verweigert. Merkel sagte, juristisch sei Kochs Rechenschaftsbericht nach dem damaligen Sachstand korrekt gewesen, denn er habe nichts von den 17 Millionen Mark der hessischen CDU auf den Konten in der Schweiz gewusst. „Politisch“ habe Koch aber einen Fehler gemacht, so Merkel. Aus seinem Vortrag vor dem Päsidium sei aber klar geworden, „dass er sich selbst am meisten über seinen Fehler ärgert.“
Nachdem Angela Merkel Roland Koch schwesterlich in Schutz genommen hatte, ging sie zum Angriff auf die SPD-Führung über. Das Präsidium sei „irritiert“ über Äußerungen von Kanzler Schröder, dass die CDU versuche, Druck auf den Bundestagspräsidenten auszuüben: „Niemand in der CDU hat Druck gemacht.“ Auch Schäubles Äußerung, die CDU dürfe nicht in den Ruin getrieben werden, sei nicht so zu verstehen. Merkel wollte sich nicht dazu äußern, ob die Bundes-CDU bereit ist, auch die finanziellen Folgen aus dem falschen hessischen Rechenschaftsbericht zu tragen.
Die Widersprüche zwischen den beiden eidesstattlichen Erklärungen von Schäuble und Ex-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister über die 100.000-Mark-Spende des Waffenhändlers Schreiber versuchte Merkel klein zu reden. Die Sache sei eskaliert wie der berühmte Nachbarschaftsstreit über den Knallerbsenstrauch und den Maschendrahtzaun. Die Frage sei nicht, „wann genau das Geld übergeben wurde“, wichtig sei nur, dass „das Geld irgendwann, wenngleich nicht auf korrekte schatzmeisterliche Art“ ins Rechenwerk der Partei geflossen sei. Die Darstellung des Ex-Schatzmeisters Kiep, der genau das bestreitet, werde vom Präsidium angezweifelt. Auch über den Widerspruch, dass sowohl Schäuble als auch Baumeister behaupten, sie hätten das Geld beziehungsweise einen Umschlag von Schreiber entgegengenommen, schwieg sich Merkel aus.
Die Generalsekretärin will gemeinsam mit Kurt Biedenkopf, Rainer Eppelmann, Norbert Blüm und anderen einen Leitantrag für den Parteitag im April ausarbeiten. Darin werde die Parteiführung „strukturelle und inhaltliche Konsequenzen“ aus der aktuellen Spendenaffäre vorschlagen. Dazu könne gehören, dass das Amt des Schatzmeisters in Zukunft hauptamtlich besetzt wird. Dies würde allerdings bedeuten, dass der amtierende Schatzmeister Wissmann nicht mehr zur Verfügung stehe.
Unter dem Motto „Verantwortung. Veränderung. Vertrauen“ werde die CDU-Spitze vor dem Bundesparteitag mehrere Regionalkonferenzen einberufen. Dort will die angeschlagene CDU-Prominenz mit der Basis „über die Fehler der Vergangenheit“ reden und so „Vertrauen zurückgewinnen“. Warum die Parole „Verantwortung“ auf dem Plakat zur Konferenz kleingeschrieben sei, wollte ein findiger Journalist wissen. „Das bedeutetet mitnichten, dass wir Verantwortung klein schreiben“, gab Merkel zurück.
Während das Präsidium der CDU in Berlin tagte, kündigte der saarländische Regierungssprecher eine Initiative seines Landes im Bundesrat an, um das Parteiengesetz zu ändern. Politiker sollen in Zukunft für Verstöße gegen das Parteiengesetz persönlich haftbar gemacht werden können. Baden-Württembergs CDU-Fraktionschef Günther Oettinger forderte die Bundespartei auf, ihre Bankkonten im In- und Ausland weiter zurückzuverfolgen als bisher geschehen. Es sei wichtig zu wissen, ob es ein System Kohl oder ein Finanzierungssystem der CDU gab: „Wer war derjenige, der mit krimineller Energie ein zweites Parteienfinanzierungssystem eingerichtet hat?“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen