piwik no script img

Gräuchens Traum

Einmal aussehen wie Sophia Loren: Ercole Zenna schminkt im KaDeWe

Ercole Zenna ist in der Stadt!! Wie, Sie kennen den gar nicht? Der Topvisagist des Pariser Modehauses Nina Ricci schminkt eine ganze Woche lang ohne Netz und doppelten Boden und für lau farblose KaDeWe-Besucherinnen und gewiss auch Besucher, man muss ihn nur fragen.

Ein dezent geschminkter Mitarbeiter (eine GUTE Foundation, etwas Puder) scharwenzelt mit seinen nicht weniger schön angemalten Mitarbeiterinnen um den Nina-Ricci-Stand herum und berät die staunenden Kundinnen. Der neue Nina-Ricci-Look Frühjahr/Sommer 2000, wie sieht er denn nun aus?

Zuerst einmal gibt es unwiderstehliche Mascaras, die aus Ben-Becker-Wimpern Windstärke-12-Wedler machen sollen. „Sie haben kurze/dichte Wimpern und träumen von unendlich langen Wimpern“, behauptet eine Broschüre, und es stimmt. Wer träumt nicht jede Nacht davon? Dazu gehört zum neuen „Rêves d’Artiste“-Make-up gaaanz feines, pudriges Lidschattenpuder in den Barbiefarben Pink-Blau-Rosé und mit Perlmutteffekt, tolle neue Lippenstifte, aber vor allem Glosse!

Glosse sind glänzende Lippenstifte, und die braucht man für einen anständigen Artistentraum, damit man nach Anlegen der gesamten Farbenpracht mindestens so schön ist wie das „Oh mein Papa!“-Model, das mit lilapinkfarbenen Lidern, unendlich langen Wimpern und klebrigen Lippen auf den Nina-Ricci-2000-Plakaten gen Himmel schaut.

Die Kundin auf Zennas Barhocker sieht noch nicht ganz so pfirsichfrühlingshaft aus, aber der Meister fängt ja auch gerade erst an. Er cremt mit graziösen Bewegungen ein, wischt alles wieder ab, spritzt ihr dann etwas ins Gesicht. Mit Absicht vermutlich und irgendetwas ganz Feudales, Nina-Ricci-Spezial-Eselsmilch oder so. Dann macht er das Gesicht erst beige, wedelt zart mit einer Quaste darauf herum (als Entschuldigung für das Nassspritzen!), und schließlich kommen die Frühlingsfarben rauf.

A bon. Monsieur Zenna ist ein kleiner, gepflegter, dunkelhaariger, gebürtiger Schweizer und schminkt sonst Celine Dion und Sophia Loren. Wenn man viel Fantasie aufbringt, sieht die glückliche Kundin danach auch wirklich aus wie eine Mischung aus Celine Dions Nase, Sophia Lorens Haut und dem Highlighter (das ist das Unsichtbare unter den Augenbrauen) des Artistentraum-Models.

Inzwischen schnüffeln auch schon andere Kundinnen um den Stand herum und lassen sich von den charmanten Nina-Ricci-Elfen mal eben ein paar Augenbrauen mehr anmalen. „Das macht so viel aus, sehen Sie, wie das eine Auge jetzt plötzlich ganz anders aussieht, viel weiter oben sitzt!“ Ja, genau wie bei Quasimodo. Schminken ist halt eine Kunst. Nicht umsonst nennt man die Fachkundigen „Make Up-Artists“. Jenni Zylka

Ercole Zenna stylt Frauen noch bis zum 19. 2. im KaDeWe

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen