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Roland Dumas droht eine Anklage

Gegen Frankreichs Ex-Außenminister wird im Falle Elf ermittelt

Roland Dumas war eine der herausragenden Gestalten der Ära Mitterrand. Er war ein enger Vertrauter des früheren französischen Staatspräsidenten. Er war Außenminister während der deutschen Vereinigung und des ersten Jugoslawienkrieges. Und er wurde 1995 – in der letzten großen Personalentscheidung Mitterrands – zum Chef des französischen Verfassungsgerichtes. Doch jetzt hat ihn eine Elf-Affaire eingeholt. Dumas droht eine Anklage wegen Veruntreuung und Komplizenschaft bei Bestechungen vor einem ganz gewöhnlichen Strafgericht.

Den Weg dazu machte am Mittwochabend das Kassationsgericht frei. Der oberste Gerichtshof wies das Gesuch, das Verfahren aus formalen Gründen einzustellen, ab. Dumas hatte argumentiert, die Strafjustiz sei für ihn nicht zuständig, da es sich um Vorwürfe handele, die mit seiner Amtszeit als Minister im Zusammenhang stünden. Er verlangte, dass sein Fall vor den „Gerichtshof der Republik“ gehe, der nur selten zusammentritt und mit Politikern – also Kollegen – besetzt ist. Das Kassationsgericht folgte ihm nicht und entschied, dass es um „persönliches Fehlverhalten“ von Dumas gehe.

Die Vorwürfe gegen Dumas datieren aus den frühen Neunzigerjahren als er Außenminister war und dafür gesorgt haben soll, dass seine Geliebte, Christine Deviers-Joncour, einen Gefälligkeitsjob bei dem Mineralölkonzern Elf bekam. Über Deviers-Joncour, die längst nicht mehr Dumas’ Geliebte, sondern seine gefährlichste öffentliche Anklägerin geworden ist, soll der Außenminister von den aus dem damaligen Staatskonzern abgezweigten Millionen profitiert haben. In der Anklageerhebung der Pariser Staatsanwaltschaft vom 9. Februar heißt es wörtlich: „Es steht fest, dass Roland Dumas wusste, woher die Geldmittel kamen, von denen er profitierte.“

Deviers-Joncour soll während ihres kurzen Angestelltenverhältnisses von 1991 bis 1993 bei Elf die erstaunliche Summe von 66 Millionen Franc (rund 20 Millionen Mark) kassiert haben. Unter anderem bezahlte sie während ihrer Zeit bei Elf und mit Dumas einen Großteil der Einkäufe, die sie mit ihrem Geliebten in Paris, Hongkong und New York tätigte.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Dumas an der Auswahl und den notariellen Transaktionen für die Wohnung beteiligt gewesen sein soll, die Deviers-Joncour im Januar 1992 in der vornehmen Pariser Rue de Lille erwarb – und mit 14 Millionen Franc (ca. vier Millionen Mark) aus den Kassen von Elf bezahlte. In das Haus aus dem 18. Jahrhundert zog Deviers-Joncour bis zu ihrer fünfmonatigen Untersuchungshaft ab November 1997 ein.

Dumas’ Ex-Geliebte beschreibt diese Geschichte in den drei Büchern, die sie inzwischen über die Affaire veröffentlicht hat. Doch Dumas bestreitet jedes Mitwissen und jede Mittäterschaft. Mit Deviers-Joncour will er lediglich ein intimes Verhältnis gehabt haben. Von seinem Amt an der Spitze des Verfassungsrates – das ihn zum fünften Mann in der französischen Hierarchie machte – ist Dumas im letzten Jahr trotzdem zurückgetreten. Allerdings nur vorübergehend – bis zum Ende der Ermittlungen.

Dorothea Hahn, Paris

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