: Engagement von Kirche
■ Nach neun Jahren Deutschland muss Hakki Y. jetzt weg: Abschiebung
Als der junge Kurde Hakki Y. vor neun Jahren nach Deutschland kam, sollte er hier vielleicht sicher sein. Warum die Eltern den damals Achtjährigen gemeinsam mit einem Bruder zum Onkel nach Lilienthal schleusten, weiß niemand genau. Sicher ist nur: Vor drei Tagen verweigerten die Gerichte dem heute 17-Jährigen politisches Asyl. Gestern geschah, was Hakki und seine Freunde lange befürchtet haben. Er wurde zur Abschiebung festgenommen. Im Kirchenasyl.
Bereits vor Monaten, als sich abzeichnete, dass das Asyl abgelehnt würde, kurz nachdem sein älterer Bruder verhaftet und in die Türkei abgeschoben wurde, hatte Hakki sich an die Kirchengemeinde Lilienthal gewandt. „Hakki war ein ganz normaler Besucher unseres Jugendtreffs“, sagt Diakon Stefan Schmidt. „Deshalb war es uns nicht egal, was mit ihm geschieht.“ Der Kirchenvorstand gewährte Kirchenasyl; Hakki zog ins Jugendzentrum der Gemeinde – unter wachsendem Protest einiger Lilienthaler. Darunter auch Gemeindemitglieder, die zuletzt mit einer Unterschriftenaktion Hakkis Ausweisung forderten: „Er hat seit frühester Jugend ständig Mitschüler drangsaliert, bestohlen und beraubt, mithin gegen die geltende Rechtsordnung verstoßen, und zwar in einem Maße, dass die Bürger vor ihm geschützt werden müssen. Besonders (...) unsere Kinder.“
Die Freunde und UnterstützerInnen vom Internationalen Menschenrechtsverein wehren sich gegen diese Darstellung. „Er wurde nie straffällig“, sagt Anwalt Jan Sührig. Der Jugendliche sei allerdings gerichtlich verwarnt worden. Seine Freunde sagen: „Hakki wurde als krimineller Ausländer stigmatisiert.“ Die lokale Presse habe sich einspannen lassen. Hakki kenne nichts anderes als Deutschland. Ihr Freund gehöre hierher. Auch Pastor Dieter Ducksch sagt: „Der Junge hat die Hälfte seines Lebens hier gelebt.“
Der Anwalt von Hakki Y. hatte deshalb – vergeblich – versucht, den Minderjährigen als Alttfall anerkennen zu lassen. Allerdings erfüllte der alleinstehende Minderjährige einige der strengen Kriterien nicht. Deshalb argumentierte der Anwalt auch, Hakki müsse auch als Familienmitglied des Onkels betrachtet werden, die aus seiner Sicht unter die Altfallregelung falle. Die soll Härten für Ausländer vermeiden, die seit langen Jahren in Deutschland leben.
DoKo
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen