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Die Bundesregierung erhöht den Druck

Endlich werden Maßnahmen gegen die Österreicher ergriffen

Die Ausländerbehörden der Länder und Kommunen sind angewiesen, Einsatz- und Greifgruppen zu bilden

Alle bisherigen Versuche, das unter Beteiligung von Haiders FPÖ in Österreich herrschende feschistische Regime wieder zu stürzen, blieben ohne ersichtliche Wirkung. Nicht die ausgedehnte internationale diplomatische Isolierung, auch nicht ein Boykott des Wiener Opernballs durch Sophia Loren, nicht einmal das von der Autorin Jelinek gegen Österreich veranlasste Aufführungsverbot ihrer Bühnenstücke brachte den gewünschten Erfolg. Deshalb hat jetzt Deutschland als erster EU-Staat weiter reichende Sanktionen gegen die Haiderrepublik erlassen. Eine entsprechende Verordnung des Bundesinnenministeriums trat (von der deutschen Presse wohl aufgrund der alles beherrschenden Vorgänge um die CDU weitgehend unbemerkt) Anfang vergangener Woche in Kraft. „Österreich fertig machen! Jetzt!“ heißt es in einem dazu veröffentlichten „Grußwort“ von Innenminister Otto Schily.

Konkret heißt das: Alle hier lebenden Österreicher müssen raus aus Deutschland. Die Ausländerbehörden der Länder und Kommunen sind angewiesen, spezielle Einsatz- und Greifgruppen zu bilden, die in einigen Bundesländern bereits seit gestern gezielte Patrouillen gegen alle hier ansässigen Österreicher durchführen. Auf Geschlecht, Alter, Ansehen oder Familienstand wird dabei keinerlei Rücksicht genommen. Dies gilt für den prominenten Wiener Opernsänger ebenso wie für den unbekannten Drogenabhängigen aus der Steiermark. In Hamburg wurde sogar der österreichische Konsul aus dem Generalkonsulat an der Moorweide gewiesen und ins österreichische Bierlokal „Zillertal“ auf der Reeperbahn abgeschoben.

Ansonsten sieht die Verordnung vor: Wer als Österreicher identifiziert wird, muss binnen zwei Tagen ausreisen. Wer zudem noch Haider heißt, innerhalb einer halben Stunde. Entsprechende Hinweise aus der Bevölkerung nimmt jede Polizeiwache entgegen. Leider kam es dabei schon zu ersten Verwechslungen. In Bremen wurde ein jordanischer Staatsbürger mit Namen Mohamed Haidar irrtümlich als Österreicher denunziert und in ein Flugzeug nach Wien gesetzt, wo er jetzt angeblich von Jörg Haider persönlich gefoltert werden soll. Die jordanische Regierung legte bei der Bundesregierung offiziellen Protest ein.

Auch deutsche Staatsbürger, die länger in Österreich gelebt haben, sind aufgrund der Regierungsverordnung verpflichtet, sich in einer Polizeidienststelle ihres Vertrauens zu melden zwecks Überprüfung ihrer Gesinnung und einer ggf. gründlichen Enthaiderung durch Mitarbeiter des nächstgelegenen Goethe-Instituts.

Der Bundesgrenzschutz soll durch verstärkte Kontrollen an den österreichischen Grenzen und auf den deutschen Flughäfen sicherstellen, dass kein Österreicher mehr nach Deutschland einsickert. Auch von Deutschen bereits gebuchte Reisen nach Österreich müssen storniert werden. Die deutschen Reisebüros werden zurzeit entsprechend unterwiesen.

Weiterhin gilt: Österreichische Erzeugnisse dürfen in Deutschland ab sofort nicht mehr verkauft werden. Das gilt für einfache Lebensmittel wie die Tiroler Pferdewurst oder gewöhnlichen Käse wie den von André Heller gleichermaßen wie für hohe Kulturgüter wie etwa die Musik des Salzburgers Mozart. Auch müssen sämtliche österreichischen Speisen, selbst wenn sie nur so heißen, mit einem, wie es der Regierungserlass vorscheibt, „gut deckenden und wasserunlöslichen Filzer“ von den Speisekarten unserer Restaurants gestrichen werden.

Damit nicht genug: Alles an Österreich Gemahnende soll „mittelfristig“ (Innenminister Schily) aus dem öffentlichen Blickfeld verschwinden. Wiener Würstchen aus deutscher Produktion zum Beispiel dürfen demnach zwar noch verkauft, müssen dazu aber umbenannt werden. In Hamburg hat man bereits sämtliche Würstchendosen entsprechend überklebt bzw. umetikettiert. In Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz geht’s morgen damit los.

Letzte Meldung: Das Saarland erwägt, den Anfangsbuchstaben von Österreich, das Ö, aus dem Alphabet zu streichen. Mit jeder weiteren Woche, die die FP... mitregiert, sollen die restlichen Buchstaben von ...sterreich folgen. Am Ende soll man ...sterreich im Saarland nicht mal mehr schreiben k...nnen. Diesen Text allerdings auch nicht. Fritz Tietz

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