Eine Journalistenschule schließt. Irgendeine?: „Kirche war uns wichtig“
Die Kirche bildete Journalisten aus – des Berufsethos wegen. Dass jetzt Schluss sein soll, verstehen zwei Abgewickelte nicht
Das Fax mit den Geburtstags-Glückwünschen für Imme ist noch warm, da spult sich ein zweites Fax ihres Arbeitgebers aus dem Apparat: „Zum Jahresende 2000 wird das Ausbildungsprogramm der Evangelischen Journalistenschule in seiner bisherigen Form beendet.“ Obwohl sich die Kirche einmal mehr bemüht, nicht so recht zu sagen, was sie meint, haben wir verstanden: Die Evangelische Journalistenschule (EJS) soll geschlossen werden.
Imme de Haen, die Leiterin unserer Schule, versteht das so, die Medien, einfach alle. Unser Träger, das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik, will uns nicht mehr tragen, sondern lässt uns fallen. Ihr Chef Hans N. Janowski will künftig kostenpflichtige Fortbildungskurse veranstalten. Ein Konzept dafür gibt es noch nicht.
Auch an Geld fehlt es nicht. Gerade hat der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland beschlossen, in den nächsten fünf Jahren jeweils 4,5 Millionen Mark für die Publizistik zuzuschießen. Die EJS kostet pro Jahr rund 650.000 Mark. Doch seit Jahresbeginn ist das Gemeinschaftswerk eine GmbH. Vielleicht soll sie Profit machen.
In seiner Rede zur Eröffnung der Schule, es ist keine fünf Jahre her, hatte Janowski noch den „evangelischen Geist“ in der Publizistik beschworen: die heilige Dreifaltigkeit aus ethischer Festigkeit, Professionalität und Kenntnissen in Sachen Kirche. Die EJS hat sich ausdrücklich „ethischen“ Journalismus auf die Fahnen geschrieben.
Furchtlos gegenüber den Mächtigen sollen wir sein und sensibel im Umgang mit den Ohnmächtigen. Mit 22 Monaten dauert unsere Lehrzeit länger als an anderen Journalistenschulen. Wir sollen nicht möglichst junge, fertigstudierte Hüpfer sein wie bei der Münchener oder der Henri-Nannen-Journalistenschule. Bei uns darf man/frau auch 33 sein. Die Schule richtet sich ausdrücklich an Quereinsteiger. Die Ex-Hausbesetzerin und der Messdiener werden genommen, weil sie besetzt und gebetet haben. Was zählt ist nicht die schnörkellose Biografie Marke Kindergarten – Abi – Studium, sondern Lebenserfahrung – weil sie unsere Diskussion über den Text verändert, uns andere Themen auswählen und sie anders aufschreiben lässt.
Jeder von uns, auch das ist einmalig, hat einen Mentor. Der liest unsere Texte, kritisiert und berät uns. Zu ihnen zählen Jürgen Leinemann (Spiegel), Herbert Riehl-Heyse (Süddeutsche) oder die taz-Chefredakteurin Bascha Mika. Unsere Ausbildung ist kirchlich, aber sie ist keine die darauf zielt, uns in der Kirchenpublizistik unterzubringen. Die Träger der Schule wünschen sich vielmehr ethisch geschulte Profis in weltlichen Medien. Da waren wir immer gern gesehen während der Praktika – die Schule war halt gut.
Wir wollten nicht Pastoren werden, sondern Journalisten. Die Kirche war uns trotzdem wichtig. Unser Verständnis für Kirche wird aber auf den Kopf gestellt durch Entscheidungen wie diese: die Schule zu schließen. Vergangenen Freitag hat sich der Rat der Evangelischen Kirche noch einmal mit der EJS befasst. Er erwartet, „dass geklärt wird, in welcher Weise und in welchem Umfang sich die evangelische Publizistik in der grundständigen Ausbildung von Journalisten engagieren kann und will“. Wir finden, dass die Kirche schon mal eine überzeugende Antwort auf diese Frage hatte – als sie die EJS gründete.Ulrike Köppchen,Søren Harms
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