: Kohl, der ewige Sammler, ist zurück im Geschäft
Die CDU weiß nicht, ob sie über die sechs Millionen Mark lachen oder weinen soll
Berlin (taz) – Offiziell zeigen sich führende CDU-Politiker hocherfreut über die angeblichen Versuche von Altkanzler Helmut Kohl, Geld für seine Partei aufzutreiben. „Selbstverständlich begrüße ich die Bemühungen, Geld zu sammeln“, sagte Generalsekretärin Angela Merkel, und auch der neu gewählte Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz lobte die Aktion. „Hilfreich“ nannte sie Hessens Ministerpräsident Roland Koch, und der schleswig-holsteinische CDU-Generalsekretär Johann Wadephul erklärte: „Jede legale Spende an uns ist willkommen.“
Allenfalls in Halbsätzen lassen die zur Freude verpflichteten Führungskräfte vorsichtige Skepsis gegenüber Kohls Aktivitäten anklingen. Friedrich Merz erklärte im Fernsehsender Phoenix, er mache sich keine Illusionen. Der Vertrauensverlust in die CDU sei damit noch nicht behoben. Angela Merkel betonte, es müsse sich bei dem Geld um „normale Spenden“ handeln. Schon zuvor war in Kreisen der CDU deutlich gemacht worden, es könne nur Geld angenommen werden, dessen Herkunft deutlich erkennbar sei. Im Klartext: bloß keine weiteren anonymen Spenden. Die dürfte die Partei laut Parteiengesetz indes ohnehin nicht annehmen.
„Sauberes Geld“ abzulehnen ist hingegen für die CDU derzeit fast nicht möglich. Zum einen befindet sie sich in Folge der Spendenaffäre in akuter Finanznot. Zum anderen wird in der Partei schon länger die Frage erörtert, ob Hüter von schwarzen Kassen für entstandene Schäden auch persönlich haftbar gemacht werden sollten. Bislang steht allerdings offiziell noch gar nicht fest, ob und wie viel Geld Helmut Kohl tatsächlich gesammelt hat.
Sein Büro mochte gestern Berichte über die angebliche Geldsammlung nicht bestätigen. Dementiert wurden sie jedoch auch nicht, und indirekt hatte der Altkanzler bereits am Tag zuvor durchblicken lassen, dass die Gerüchte den Tatsachen entsprechen. Journalisten hatten ihn vor seinem Haus in Berlin gefragt, mit welchem Ziel er seine Spendenaktion verfolge: „Mit einem guten“, erwiderte Kohl. Nach dem bisherigen Ergebnis gefragt, antwortete er: „Mit einem sehr guten.“ Was darunter zu verstehen ist, ist noch unklar. Nach Berichten mehrerer Zeitungen soll die Wirtschaft bereits sechs Millionen Mark herausgerückt haben. Das entspricht der Summe, die von der CDU bezahlt werden muss, weil Kohl anonyme Spender nicht nennen will, die ihm zwischen 1993 und 1998 rund zwei Millionen Mark zukommen ließen. Der Altkanzler soll darüber hinaus beabsichtigen, eine größere Summe aus seinem Privatvermögen zur Verfügung zu stellen.
Die ARD-„Tagesthemen“ bezeichneten die Aktion als einen Akt „tätiger Reue“. Diese Sichtweise ist jedoch umstritten. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering fühlt sich „an eine Seifenoper“ erinnert. Er ist der Ansicht, der für die Demokratie angerichtete Schaden könne nicht mit Geld geheilt werden. Sein Parteifreund Rudolf Dreßler wertet die Spendenkampagne als „misslungenen Wiedergutmachungsversuch“ und als „öffentliches Eigenständnis eines schlechten Gewissens“.
Kritische Stimmen kommen auch aus Kohl eigener Partei. Die ehemalige Familienministerin Hannelore Rönsch begrüßt zwar Kohls Spendensammlung, sprach gegenüber dem Fernsehsender n-tv aber von einem „kleinen Beitrag dazu, das auszugleichen, was angerichtet wurde für uns alle in der CDU“. Rönsch forderte Kohl zudem auf, sein Bundestagsmandat niederzulegen.
Umfragen, die Aufschluss über die Ansichten der Bevölkerung liefern, liegen noch nicht vor. Es bleibt abzuwarten, was bei der CDU-Basis größer sein wird – ihr Wunsch nach Harmonie oder ihre Skepsis gegenüber dem Finanzgebaren des Altkanzlers.
Bettina Gaus
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