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Die Wiederbelebung der Biko-Variante

Das Spitzenpersonal der Union soll sich auf einen neuen CDU-Chef geeinigt haben – Kurt Biedenkopf. Der Übergangskandidat mit Opaqualitäten soll helfen, Merkel als Chefin zu verhindern ■ Von Patrik Schwarz

Berlin (taz) – Bei Kurt Biedenkopf weiß man nie, wann ein Dementi ein Dementi ist. Ja, im Lübecker „Ratskeller“ hat eine „Arbeitsbegegnung“ stattgefunden, bestätigte seine Staatskanzlei gestern, aber „der Inhalt ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt“. Ist darum wahr, was die Berliner Springerblätter Welt und B.Z. vermelden? Nach einem Auftritt bei der Abschlusskundgebung der CDU im schleswig-holsteinischen Landtagswahlkampf erzielten angeblich die Herren Biedenkopf, Stoiber, Rühe und Merz am Freitag voriger Woche im „Ratskeller“ eine Übereinkunft: Nicht Angela Merkel solle neue Vorsitzende der CDU werden, sondern der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf.

Gedrängt hätten vor allem der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber sowie Volker Rühe, der seine Niederlage bei der Landtagswahl vor Augen hatte – und damit eigene Chancen auf den Platz an der Spitze schwinden sah. Biedenkopf habe sich erst gesträubt, sei aber in Telefonaten im Laufe der folgenden Tage weiter bedrängt worden. Tatsache ist, dass die Staatskanzlei in Dresden auch gestern eine Stellungnahme zur Frage ablehnte, ob der Ministerpräsident denn für den Parteivorsitz zur Verfügung stehe. Aber bei Kurt Biedenkopf weiß man eben nie, wann ein Dementi ein Dementi ist.

Teilnehmern des Wahlkampfabends in Lübeck war nichts besonders Verschwörerisches aufgefallen. „Die haben sich da ganz spontan in lockerer Runde zusammengehockt“, berichtet einer, der im „Ratskeller“ dabei war, ehe sich die vier Herren zum Gespräch zurückzogen. Für die Nachfolgediskussion in der CDU ist letztlich unerheblich, wie verbindlich das Quartett sich an jenem Abend auf den 70-jährigen Biedenkopf festlegte. Dass Details des „Geheimtreffens“ in der Presse lanciert wurden, dokumentiert bereits, wie rege manche in der Union versuchen, die Idee eines Übergangsvorsitzenden mit Großvaterqualitäten wieder zu beleben.

Einen Opa hat die Partei bereits verschlissen. Bernhard Vogel, Ministerpräsident in Thüringen, ist offenbar wieder aus dem Rennen. Seine Landesvertretung in Berlin hatte der Runde zerzauster Fraktionsvorständler Asyl geboten, die sich am Vorabend von Schäubles Rückzug aus der Politik über die Zukunft der CDU beriet. Obwohl selbst nicht zur Fraktionsführung gehörig, hatte Vogel als Hausherr den Besuchern seine Aufwartung gemacht. An diesem Abend wurde besprochen, dass Friedrich Merz Schäubles Nachfolger als Fraktionschef werden solle – und angeblich kam auch Vogels Name für die Nachfolge im Parteivorsitz auf. Doch das Echo in der Partei war zu verhalten, Vogel konnte weder mit Biedenkopfs Ruf als Kohl-Gegner konkurrieren noch mit dessen intellektueller Ausstrahlung.

Der Auslöser für die Wiederbelebung der Biedenkopf-Variation dürfte der Erfolg von Angela Merkel sein. Vier der acht Regionalkonferenzen, bei welchen die Parteispitze in die Basis „hineinhören“ will, fanden inzwischen statt. Der Jubel der Orts- und Kreisverbandsvorstände für die CDU-Generalsekretärin hat viele in der Partei überrascht. Vor allem Volker Rühes Chancen im unerklärten Rennen gegen Merkel dürften damit sinken. Er hat sich inzwischen auch öffentlich für einen Ministerpräsidenten als CDU-Vorsitzenden stark gemacht – ganz auf Linie der Berichte über den Abend im „Ratskeller“.

Ein Übergangskandidat wäre in der Tat eine Möglichkeit, das Votum der Basis zu umdribbeln. Durch die Erfolge der Regionalkonferenzen ist den CDU-Gremien ihre traditionelle Macht aus der Hand genommen. Unmöglich können CDU-Vorstand und -Präsidium am Ende eines wochenlangen Dialogs mit der Basis eine Entscheidung treffen, die in offenem Widerspruch zu den Sympathiebekundungen für Merkel steht. Zwar muss die Frau aus dem Osten nicht zwangsläufig auf den Schild gehoben werden, doch darf ein Alternativkandidat auch nicht rücksichtslos an ihr vorbei erkoren werden.

Ein Übergangsvorsitzender könnte diese Bedingung erfüllen: Statt einen der beiden Konkurrenten Merkel oder Rühe zu küren, präsentiert das Partei-Establishment einen dritten, quasi neutralen Kandidaten. Kurt Biedenkopf würde in jedem Fall bis zur letzten Minute dementieren.

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