: „Die billigen Zeiten sind vorbei“
■ Multikultimedial: Wie der Veranstalter Aydin Umutlu mit seinem „Hababam“-Club die Turkish-Pop-Party neu erfinden will
„Es ist schon komisch: Da finden seit zehn Jahren türkische Clubs ihr dankbares osmanisches Publikum, aber schon meist ein halbes Jahr nach der Premiere verschwinden sie wieder so abrupt von der Bildfläche, als hätte Allah die männlichen Pistengänger in die Moschee gesperrt und alle Frauen zum Tragen eines Tschadors verdonnert“, sagt Aydin Umutlu. Nicht auszuschließen, dass auch mal Schutzgelderpressung im Spiel war. Doch oft kommt es gar nicht so weit: „Da haben die Leute 3000 Mark in der Tasche und denken sich: Mach' ich doch mal 'ne Party – aber es gibt kein Konzept. Ein Hobby-DJ stellt sich hinters Mischpult und vertreibt die Leute.“
Mit einem völlig neuen Konzept versucht der 26-jährige Veranstalter, das bisher so homogenen Szenen-Event „Turkish-Pop-Party“ zu einem Ereignis für alle Nationalitäten umzufunktionieren. Am Sonnabend präsentiert Aydin mit seinem „Hababam“-Club im Schlachthof dem geneigten Publikum erstmals eine Fusion aus Humor, Gastronomie, Film und Musik aus türkischer Perspektive, und die ersten 20 weiblichen Gäste bekommen ein T-Shirt geschenkt.
Ein Videobeamer dient zur Projektion des türkischen Kultfilms Hababam Sinifi: In der Komödie schafft eine Oberstufen-Klasse drei Jahre hintereinander geschlossen den Abschluss nicht und treibt die ratlosen Pädagogen beinahe in den Wahnsinn. Am Ende wird den renitenten Schülern keine Aufgabe mehr gestellt, die nicht auch Fünftklässler lösen könnten. Im Namen dieses Klassikers parodiert die Hababam Comedy Group, gewandet in den typischen Filmkostümen, diverse Szenen in deutscher Sprache.
Im Wechsel mit dieser Live-Performance spielen DJ Bedo (Gaswerk, Schilleroper) und DJ Funky C (Halikarnas/Bodrum) türkische Pop-Hits, Vocal House sowie R&B. Tanzen kann man dazu den traditionellen Volkstanz „Halay“, Kulturbanausen dürfen aber auch hierzulande übliche Bewegungen ausführen. Schließlich geht es im „Hababam“-Club um Toleranz.
Dass seine Zielgruppe anspruchsvoll unterhalten werden möchte, ist dem „Hababam“-Macher im Laufe seiner neunjährigen Event-Karriere immer klarer geworden. „Die Zeiten sind vorbei, in denen du deine Party auf einem billigen Flyer ankündigst und dann mit einem vollen Haus rechnen kannst. Die Nachtkultur verlangt nach multimedialer Abwechslung“, sagt Aydin. Dazu gehört selbstverständlich auch das leibliche Wohl. Folglich gibt es auch zu vorgerückter Stunden Kulinarisches vom Buffet: Salate, Schafskäse, Lahmacun, Börek, Baklava, Sucuk und was die türkische Küche sonst noch zu bieten hat.
Ob man „Hababam“ nun als opulente PR-Maßnahme oder als einen Kurztrip nach Istanbul sieht – unterhaltsamer als die Mondschein-Party im Döner-Laden wird der Abend allemal. Andin Tegen
Sonnabend, 22 Uhr, Schlachthof
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen