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Bald „IRE“s statt Interregios

Die Bahn will einen neuen Zug, den die Länder subventionieren sollen. Das bringt Vorteilefür die Börsenfähigkeit, aber Nachteile für die Kunden: öfter umsteigen, weniger Auswahl

von KATHARINA KOUFEN

Bahnchef Mehdorn spreizt sich immer mehr in seinem Spagat zwischen Betriebswirtschaftlichkeit und gesellschaftlichem Nutzen. Letzter Coup: Nach dem unrentablen Nahverkehr sollen auch die Interregiostrecken weitgehend auf die Länder abgewälzt werden. Aus Bahnkreisen wurde jetzt eine Liste von 28 Verbindungen bekannt, die es künftig in ihrer heutigen Form nicht mehr geben soll.

Mehdorns Idee: Die für die Nahverkehrszüge zuständige DB Regio übernimmt den größten Teil der Interregiostrecken und setzt dort einen neuen Zug ein, den so genannten IRE – eine Kreuzung aus Regionalexpress und Interregio. Denn der Nahverkehr wird aus Regionalisierungsmitteln subventioniert, die der Bund den Ländern gibt. Damit würden diese in Zukunft den größten Teil des heutigen Interregioverkehrs finanzieren.

Dahinter steckt vermutlich folgende Rechnung: Die Länder setzen auf unrentablen Nahverkehrsstrecken Busse ein. Das spart bis zu 9 Mark pro Kilometer – kostet aber gleichzeitig Fahrgäste, weil Bahnfahren für die meisten Menschen attraktiver ist. Alternativ könnten die Länder ihre Kosten durch Wettbewerb drücken. „Wenn ich das Land wäre, würde ich die Strecken ausschreiben. Andere Unternehmen als die Deutsche Bahn würden mir die gleiche Leistung vielleicht billiger anbieten“, meint ein Bahnexperte. Bislang ist die Fernverkehrstochter DB Reise & Tourisitk für die Interregios zuständig. Innerhalb des Fernverkehrs, der laut Bahnreform kostendeckend sein soll, sind die Interregiostrecken aber am unrentabelsten – weshalb die Bahn sie loswerden will.

Strecken, auf denen kein IRE rollen wird, werden entweder durch Regionalexpressverkehr oder Intercityverbindungen ersetzt – oder gestrichen. Die Fahrgäste sind künftig gezwungen, in einem der teureren ICs zu reisen, oder ihnen steht ein Nahverkehrszug zur Verfügung, der womöglich doppelt so oft hält wie zuvor der Interregio. Einige Städte in Ostdeutschland – Cottbus etwa – werden vom Fernverkehr abgekoppelt. Durchgehende Regionalverbindungen fallen weg. Künftig werden sich Reisende noch genauer überlegen, ob sie mehrfaches Umsteigen in Kauf nehmen oder mit dem Auto fahren, fürchtet Burkhard Reinhartz vom Verkehrsclub Deutschland. „Mehdorn muss sich entscheiden: kapitalmarktfähige Rumpfbahn oder kundenfreundlicher Dienstleister.“

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