: Union gegen Bevölkerungsbeet
Der Begriff „Bevölkerung“ wird vom Grundgesetz definiert: In Berlin versuchte Hans Haacke die Missverständnisse um sein Kunstprojekt für den Reichstag aufzuklären
BERLIN taz ■ Bislang hatte sich Hans Haacke den Streit um sein Kunstprojekt für den Reichstag aus der Ferne angeschaut. Gestern wollte er sich dann doch auf einer Pressekonferenz in Berlins Akademie der Künste erklären. Immerhin haben sich die Fronten im Parlament dermaßen verhärtet, dass möglicherweise drei Anträge im Bundestag eingebracht werden, über die Anfang April entschieden werden soll.
Für die CDU/CSU-Fraktion sammeln Norbert Lammert und Peter Ramsauer Unterschriften gegen Haackes Arbeit, die vorsieht, dass die 669 Abgeordneten Erde aus ihrem Wahlbezirk nach Berlin bringen, um im Reichstag ein Beet mit der Neoninschrift „Der Bevölkerung“ anzulegen. Dagegen will nun eine parteienübergreifende Gruppe, der auch Rita Süssmuth (CDU) und der SPD-Politiker Gert Weisskirchen angehören, einen Antrag für die Realisierung einbringen. Außerdem sei, so Weisskirchen, mit einem dritten Antrag zu rechnen, der darauf abzielt, gar nicht erst über Haackes Projekt abzustimmen, weil sich der Kunstbeirat des Bundestags bereits im Januar positiv entschieden hat.
Der in New York lebende Haacke ist über die Entwicklung einigermaßen verblüfft. Schließlich gibt es bisher lediglich einen Entwurf, über den ohne Sichtung des Materials schon seit Monaten debattiert werde. Ihn habe man allerdings gebeten, möglichst nicht Stellung zu beziehen, um die Diskussion nicht zu beeinflussen. Dabei stimmt Haacke vor allem der Unterton des Streits skeptisch, der in der Erde eine „Blut-und-Boden“-Symbolik sieht und die Inschrift „Der Bevölkerung“ als Ergänzung zu „Dem deutschen Volke“ schlicht für verfassungswidrig hält. Seine Arbeit sei vielmehr ein Pendant zu Artikel 3 des Grundgesetzes, „der ausdrücklich fordert, dass niemand wegen seiner Herkunft, Sprache oder Religion bevorzugt oder benachteiligt wird“, so Haacke. Für den Bundestag könnte die Ablehnung des Projekts einigen Ärger bringen, „da es keine Ausstiegsklausel in dem Vertrag gibt“, den Haacke mit der Bundesbaugesellschaft abgeschlossen habe. Ob er rechtliche Schritte einleiten wird, falls die Arbeit im Bundestag scheitert, hält sich Haacke noch offen. HARALD FRICKE
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