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Radio als Umerziehungsmittel

Die Wanderausstellung „Rückkehr in die Fremde?“ untersucht die Schnittstelle zwischen zurückgekehrten Emigranten und Radio in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg

„Hier spricht Berlin!“, schallte es schon fünf Tage nach Kriegsende, am 13. Mai 1945, wieder aus den Radiogeräten. Den schnellen Sendestart im sowjetisch besetzten Berlin ermöglichten rundfunkversierte deutsche Emigranten wie Hans Mahle, der mit der „Gruppe Ulbricht“ noch vor Kriegsende nach Deutschland zurückgekehrt war. Im Moskauer Exil hatte der überzeugte Kommunist mit anderen Emigranten wie Walter Ulbricht und Herbert Wehner in der deutschsprachigen Redaktion von Radio Moskau gearbeitet. Mahle wurde noch im Mai 1945 Intendant des Berliner Rundfunks.

Solche gezielten Kadereinsätze gab es in den westlichen Besatzungszonen nicht. Doch auch dort fanden viele zurückgekehrte Emigranten, die so genannten Remigranten, den Weg zum wichtigsten publizistischen Medium der Nachkriegszeit – dem Radio. Den Alliierten waren sie oft willkommene Mitarbeiter mit politisch weißer Weste: Fritz Eberhard hatte während des Krieges für den Sender der Europäischen Revolution und die BBC gearbeitet. Im Juli 1945 wurde er Programmberater und Kommentator bei Radio Stuttgart, 1949 Intendant des Süddeutschen Rundfunks.

Die Rundfunkmitarbeiter sollten vor allem das besatzungspolitische Ziel verfolgen, die „Reeducation“ der Deutschen umzusetzen. Statt Militarismus, Führerglaube und Rassenwahn sollten demokratische Werte vermittelt werden. Mit der Berichterstattung über den Nürnberger Prozess oder über Literatur, die im Dritten Reich verboten war, wurde die Umerziehung über den Rundfunk vermittelt. Als überzeugte Antifaschisten übernahmen die remigrierten Schriftsteller, Künstler und Politiker gerne die Berichterstattung, wenn sich ihnen die Gelegenheit bot.

Doch gerade diejenigen, die in „innerer Emigration“ während des Nazionalsozialismus in Deutschland geblieben waren, standen den Remigranten oft feindselig gegenüber. Sie wollten sich nur ungern von den „besseren“ Deutschen erziehen lassen, die aus Nazi-Deutschland geflohen waren. Und diese wiederum hatten Probleme, sich in ihrer ehemaligen Heimat zurechtzufinden. Wie Alfred Döblin fühlten sich viele zurück in Deutschland nur wie auf einem „verlängerten Besuch“.

Die unterbrochenen Lebenslinien der Remigranten und ihre Radioarbeit sind das Thema der Ausstellung „Rückkehr in die Fremde? Remigranten und Rundfunk in Deutschland 1945 bis 1955“. Organisiert vom Deutschen Rundfunkarchiv, der Akademie der Künste und dem Arbeitskreis selbständiger Kultur-Institute ist sie seit gestern bis zum 24. April in Berlin zu sehen. Weitere große deutsche Städte werden als Ausstellungsorte folgen.

Dabei stehen die historischen Tondokumente im Vordergrund: Mit besonderen Kopfhörern ausgestattet, empfängt man bei jedem Kapitel zusammengeschnittene Schnipsel aus Radio-Ansprachen, Hörspielen und Erkennungsjingles. Bewegt man sich von einem Kapitel zum nächsten, rauscht und knistert es, bis der Empfang ganz abbricht. Ein paar Schritte weiter hört man plötzlich wieder was. Diesmal eine Ansprache von Thomas Mann aus dem Exil in den USA. Oder einen Ausschnitt aus einem Hörspiel von Walter Jens, das die Rückkehr in die Fremde thematisiert. So reitet man förmlich über die verschiedenen historischen Radiowellen und hat das Gefühl, am Sendersuchlauf eines alten Radioapparats zu drehen und durch ein Stück Rundfunkgeschichte zu surfen. SILVIA LANGE

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