Energiereiche Anlagen

Vor vier Wochen hat der Bundestag das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verabschiedet. Interview mit Max Deml, Chefredakteur von Öko-Invest

taz: Das EEG sorgte ja in den ersten Tagen nach seiner Verabschiedung regelrecht für ein Kursfeuerwerk bei Solaraktien. Geht das so weiter?

Max Deml: Natürlich ist mit der Verabschiedung des Gesetzes ein weiterer Kursanstieg erfolgt. Aber der größere Schub war schon im Dezember erkennbar, als sich die Regierungsparteien auf den Wortlaut einigten. Die SolarWorld-Aktie beispielsweise kostete im Dezember noch 12 Euro, jetzt liegt sie bei fast 50 Euro. Auch die amerikanische Firma Astro Power, die Solarzellen nach Deutschland liefert, hat davon profitiert. Die Aktie stieg von 13 auf knapp 50 Dollar in den letzten drei Monaten. Das erste Kursfeuerwerk ist zwar abgebrannt, aber die Solarenergiebranche steht erst am Beginn eines sehr dynamischen Wachstums.

Ist Rendite im Sektor erneuerbare Energien jetzt gleichsam staatlich garantiert?

Nach der neuen Regelung wird – weltweit einmalig – jede eingespeiste Solar-Kilowattstunde mit 99 Pfennig vergütet. Dies ist natürlich ein staatlich verordneter Impuls, genauso wie die Einspeiseregelung für Windkraft, die vor zehn Jahren einen Boom ausgelöst hat.

Stimmt jetzt noch das Vorurteil: große Ideale, kleine Renditen?

Das stimmte eigentlich nie. Mit Ausnahme weniger Produkte – die im Öko-Investmentbereich nach meiner Ansicht nicht mehr als drei oder vier Prozent ausmachen –, bei denen man bewusst auf Rendite verzichtet, wie bei der Ökobank oder den GLS-Sparbriefen, gibt es ja normale Ertragssituationen.

Bei Aktien gibt es immer Risiken. Im Investmentbereich gab es Phasen, in denen die Umwelttechnologiefonds schlecht gelaufen sind, weil die Branche international schlecht lief. Dann wieder gab es gute Branchen: Bei der Brennstoffzellentechnologie beispielsweise waren Spitzenrenditen von 1.000 oder 2.000 Prozent in wenigen Jahren keine Seltenheit. Denken Sie auch an Windkraftanlagen: Über 7.000 wurden in Deutschland vor allem privat finanziert; es gab die üblichen Renditen wie bei konventionellen Produkten. Da brauchte man nicht zu verzichten.

Welchen Performance erwarten Sie im Solarbereich?

Da ist die beste Performance jetzt erst mal vorüber. Sicher werden diese Aktien noch weiter steigen, aber derart steile Kursanstiege wie in den letzten drei Monaten mit 300, 400 Prozent wird es so schnell nicht wieder geben. Langfristig aber werden Solarzellenhersteller wie beispielsweise Astro Power ihren Weg machen.

Die vier, fünf Solaraktien, die jetzt die Runde machen, sind vor allem deshalb so stark gestiegen, weil sie nur ein kleines Volumen haben. Wenn sich ein paar hundert Anleger – und vor allem Großanleger wie Bill Gates – darauf stürzen, dann steigt der Kurs allein auf Grund der Nachfrage.

Erwarten Sie, dass viele Trittbrettfahrer auf den Markt drängen, die heute kassieren und morgen wieder verschwinden?

Daytrader gibt es überall. Das ist ein Begleitphänomen jeder boomenden Branche. Gerade in den Anfangszeiten springen konventionelle Spekulanten auf den Zug und verkaufen „20 Prozent später“ wieder.

Worauf sollte man als Neuanleger achten?

Zunächst sollte man die Renditen aus dem operativen Geschäft nicht aus den Augen lassen. Ein Kraftwerk – sei es nun für Wind oder Sonne – hat eine relativ leicht kalkulierbare Rendite von beispielsweise fünf bis zehn Prozent. Mit diesem Maß sollte man eine Aktie messen, wenn der Hauptgeschäftszweck das Betreiben eines solchen Kraftwerkes ist. Man sollte in der Regel also keine Bewertungen akzeptieren, die ein X-faches des Jahresumsatzes betragen.

Natürlich gibt es auch unseriöse Initiatoren, die sich Geld abzweigen, dann die Firma stehen lassen und unter neuem Namen eine neue aufmachen.

Schwarze Schafe erkennt man meist erst dann, wenn das Geld weg ist.

Die Grenze zwischen Betrug und Dilettantismus ist mitunter nur schwer zu erkennen. Viele Unternehmer sind sehr bemüht, scheitern aber, weil sie keinen kaufmännischen Verstand mitbringen. Manche Firma geht Pleite, die bei gutem Management durchaus Chancen hätte.

Wie schützt man sich?

Eine Regel heißt „Information, Information und nochmals Information“ – sich möglichst aus verschiedenen Quellen über Firma und Geschäftszweck kundig machen. Beim Öko-Invest führen wir seit einigen Jahren eine so genannte Grau-grüne Liste, auf der sich aber nicht allein schwarze Schafe versammeln. Sie besteht aus derzeit 20, 25 Firmen, die uns als Branchendienst Informationen verweigern, was schon mal ein Alarmzeichen dafür ist, dass vielleicht etwas nicht stimmen könnte. Solche Listen gibt es auch bei Verbraucherorganisationen.

Wird das Gesetz nur die Energiebranche stimulieren oder vielleicht sogar übergreifen auf Aktiengesellschaften mit ökologisch korrekten Anlageangeboten, weil sie jetzt zunehmend in die Öffentlichkeit rücken?

Das mag ein Effekt sein, den ich aber momentan noch nicht erkenne. Es gibt natürlich einige Zulieferindustrien, wie hier in Österreich die BWT AG (Best Water Technology/d. Red.), die für Brennstoffzellenhersteller zum Beispiel Mikro-Membran-Technologien entwickeln. Da gibt es heftige Kurssprünge im Zuge der Brennstoffzellen-Euphorie.

Bei der „Umweltaktie“ wird es zwar keine solche Euphorie geben wie bei der Internet-Aktie. Aber im Zuge der stark steigenden Solaraktie wird sicherlich auch der eine oder andere Umweltfonds sehr gute Perfomance-Daten auf den Tisch legen - mancher davon sogar bessere als ein konventioneller Fonds. Das wird Anleger darauf aufmerksam machen, und der Fonds wird mit dem neu hereinkommenden Geld zwecks Risikostreuung auch andere Titel – außerhalb des Energiesektors – kaufen, was deren Kurse erhöhen kann.

Bei aller Euphorie: Solaraktie ist nicht gleich Solaraktie. Wie sollte man differenzieren?

SolarWorld beispielsweise hat ganz unterschiedliche Geschäftsbereiche und Einkommensquellen, bei denen man – wie bei der Geschäftsführung der geplanten Sonnenfonds-Kommanditgesellschaften – kaum Eigenkapital investieren muss. Im Vergleich dazu ist die SAG Solarstrom AG beispielsweise als Solarstromlieferant tätig. Das bindet sehr viel Kapital über lange Jahre bei einer relativ mageren Rendite trotz des Einspeisegesetzes. Eine Aktie wie die SAG notiert daher mit derzeit 6 bis 7 Euro zu Recht über 60 Prozent unter dem bisherigen Höchstkurs, während ich zum Beispiel der Berliner Solon-Aktie, die von 4 auf 8 Euro gestiegen ist, eine weitere Kursverdopplung zutraue. Interview: ANDREAS LOHSE