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grüner parteitagWÄRMENDES GRUPPENGEFÜHL

Vor der Macht hatten die Grünen von jeher Angst – und mindestens darin bleiben sie sich treu. Die Delegierten des Parteitags in Karlsruhe haben sich erneut gegen eine angemessene finanzielle Ausstattung der Bundesgeschäftsstelle entschieden. Darüber hinaus haben sie auf der Trennung von Amt und Mandat beharrt und so dafür gesorgt, dass die Auswahl an möglichen Parteivorsitzenden überschaubar bleibt. Die Bedeutungslosigkeit der Partei als Organisation ist sichergestellt. Sie wird auch künftig keinen wahrnehmbaren Einfluss auf die politische Diskussion gewinnen können.

Allerdings wächst die Zahl derer, die mangelnde Beweglichkeit in Strukturfragen für einen Fehler halten. Immerhin war es eine Mehrheit, die in Karlsruhe für einschneidende Veränderungen votiert hat. Nur eben nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Das hängt vor allem damit zusammen, dass einige führende Vertreter der beiden verschiedenen Strömungen die interne Organisation zu einem politischen Richtungsstreit stilisiert hatten. Wenn über inhaltliche Probleme nicht mehr gestritten werden soll, dann müssen eben Satzungsfragen für wärmendes Gruppengefühl sorgen.

Regierungsmitglieder aus den Reihen von Bündnis 90/Die Grünen haben vor Parteitagen keinen Grund mehr zu persönlicher Sorge. Ihr Kurs wird inzwischen regelmäßig von der Versammlung bestätigt. Die Delegierten haben eine Rede von Außenminister Joschka Fischer über heikle Exportgeschäfte freundlich beklatscht, die sachlich dem wiedersprach, was bisher öffentlich zum Thema bekannt geworden ist. Offen blieb, ob die Delegierten keine Zeitung lesen oder ob ihnen deren Inhalt einfach egal ist.

Der Parteitag hat außerdem Umweltminister Jürgen Trittin mit stehenden Ovationen gefeiert. Grundsätzlich war die Unterstützung für dessen Kurs richtig und klug. Das Ziel eines Ausstiegs aus der Atomenergie ist bei den Grünen ja nicht umstritten, lediglich hinsichtlich des Wegs dorthin bestehen Meinungsverschiedenheiten. Für einen existenziellen Konflikt ist das zu wenig. Allerdings steht bislang noch keineswegs fest, ob das Ziel überhaupt erreichbar ist. Daher lässt sich der frenetische Jubel des Parteitags kaum aus der Sache selbst heraus begründen. Er zeugt eher von einer tiefen Befriedigung darüber, dass es überhaupt noch gemeinsame Anliegen gibt.

BETTINA GAUS

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