: Das TÜV-Gelände liegt in einem beliebten urbanen Stadtteil
■ Auf einem „Fachtag“ soll über die Zukunft der alten Gewerbefläche „TÜV-Gelände“ beraten und gestritten werden / Vertreter der Bremischen erklären, warum der derzeitige Flächennutzungsplan so nicht bleiben sollte
Es ist paradox: Bremen plant am Stadtrand Reihenhaus-Siedlungen, zum Teil mit direktem akustischen Autobahn-Anschluss wie in Arsten-Südwest, mit den Belastungen für die Verkehrsadern und mit der Gefahr, dass die Leute sagen: Wenn wir sowieso nicht in der Stadt wohnen, dann können wir auch vier Kilometer weiter in Niedersachsen bauen, da ist es preiswerter, die Schulen sind besser ausgestattet und wir wohnen dann wirklich im Grünen. Flächen, mit denen attraktive Angebote für „Wohnen in der Stadt“ gemacht werden könnten, werden als Gewerbegebiete und als Parkflächen für Autohäuser verplant.
Am Dienstag wird es auf einem zunächst internen Fachtag, dann ab 19 Uhr in öffentlicher Debatte im Bürgerhaus Weserterrassen um die Zukunft des TÜV-Geländes gehen. Es handelt sich um vier Hektar Fläche in Hastedt, die bis vor einigen Jahren von der Polizei, dem TÜV, dem Straßenverkehrsamt und von KFZ-Handwerksbetrieben genutzt war und derzeit teilweise brach liegt. Was soll aus dem Gelände werden? Wir sprachen darüber mit zwei Vertretern der Bremischen, die auf dem Fachtag mit ihrem Konzept vertreten sein wird.
taz: Auf dem TÜV-Gelände passiert seit Jahren wenig bis nichts. Habe ich das richtig beobachtet?
Anne Lücking, Bremische: Das haben Sie richtig beobachtet. Wir haben einmal eine Studie gemacht...
Wann war das?
1995, die Polizei ist inzwischen raus aus dem Gelände, die Zulassungsstelle steht leer, weil der Tresen asbesthaltig ist. Nun ist das TÜV-Gelände in die Verwaltung der Bremer Investitionsgesellschaft (BIG) gekommen.
Warum dauert die Belebung einer alten Gewerbebrache so lange? Es ist doch eine interessante Fläche an einem interessanten Ort wenige Straßenbahnstationen vom Ostertor und der City entfernt.
Das TÜV-Gelände liegt an der Georg-Bitter-Straße, und es war lange nicht klar: Kommt sie? Kommt sie nicht? Damit ändert sich der Status dieses Geländes.
Stört der Verkehr? Oder ist das Gelände jetzt interessanter geworden durch die neue Verkehrsanbindung Richtung Pauliner Marsch?
Das Gelände ist interessanter geworden.
Elke Möller, Stadtplanerin der Bremischen: Unabhängig von Kosten und vielleicht bestehenden Verabredungen, wenn man also frei denken könnte, wäre das TÜV-Gelände eine gute Lage für innerstädtisches Wohnen.
Wie meinen Sie das?
Das TÜV-Gelände grenzt an Peterswerder, einen beliebten und frequentierten Stadtteil, und hat gute Verbindungen mit der Straßenbahn und dem ÖPNV, Einkaufsmöglichkeiten sind da. Da sind alle Voraussetzungen dafür gegeben, hier ein urbanes Stadtquartier zu entwickeln. Wohnen und Arbeiten könnten da gut durchmischt werden.
Vorne raus die Straße, hinten raus die TÜV-Prüfstrecke, das ist keine interessante Wohnlage?
Sicherlich wäre die TÜV-Prüf-strecke, wie sie vorhanden ist, eine gewisse Störung.
Die Schulungsräume und das Ausbildungszentrum des TÜV, die dort auch vorhanden sind, sollen in den Technologiepark umziehen.
So etwas haben wir auch gehört.
Es stellt sich die Frage, warum diese Schulungen an die beste Adresse im Bremer Science-Park mit Nähe zur Universtät gelockt werden. Müssen die überhaupt weg?
Alle Büro-Funktionen des TÜV, die ja sehr weitgehend sind, wären keine Störung für ein urbanes Quartier, eine Störung geht nur von der Prüfstrecke aus, von der dauernden Abfertigung von Fahrzeugen und von Schwerlastverkehr.
Sind Sie mit dem Stadtplanungsamt im Gespräch über eine Veränderung des alten, aber noch gültigen Flächennutzungsplanes in dieser Richtung?
Es gab im Vorfeld Gespräche mit dem Stadt-Planungsamt, die sind am Dienstag auch eingeladen zu dem Fachtag.
Gibt es in Bremen Interessen, dieses Gebiet vorrangig weiter für Gewerbe zu reservieren?
Das TÜV-Gelände wird im Moment von der BIG verwaltet und die Ausrichtung der BIG auf Gewerbe ist bekannt.
Das bedeut: Wenn die BIG einmal ein Gebiet verwaltet, dann ist damit eine gewisse Präferenz gesetzt ohne weitere stadtplanerische Diskussion?
Eine gewisse Präferenz schon. Aber bisher sind die Entscheidungen nicht unumkehrbar. Daran sollte man arbeiten.
Lücking: Als wir damals das TÜV-Gelände untersucht haben, da war nicht vorausgesetzt, dass die TÜV-Prüfstrecke immer und ewig bleibt. Die hatten sich bereit erklärt, an einen anderen Standort zu gehen. Man muss ja sehen, dass immer mehr Prüfungen in den Werkstätten stattfinden, zudem ist die Zulassungsstelle weg.
Das bedeutet: Der Standort für den TÜV ist eine bekannte Adresse, aber vom Umfeld her nicht mehr so attraktiv wie früher.
Genau. Man müsste verhandeln. Ich denke, um diesem Gebiet eine Chance zu geben, sollte diese Strecke auf Dauer nicht da bleiben.
Fragen: K.W.
Dienstag, 28.3., 19 Uhr, „Wohnen und Arbeiten auf dem TÜV-Gelände“, Öffentliche Debatte mit den Teilnehmern des Fachtages, Bürgerhaus Weserterrassen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen