: Ein neuer Schatzmeister „kann auch nicht zaubern“
Die CDU will ihre Statuten dahingehend ändern, dass der gesamte Vorstand für die Etats und Rechenschaftsberichte der Bundespartei verantwortlich zeichnet. Eine Kontrollkommission soll die Finanzen der Partei prüfen. Spenderschwund ist Problem für Ulrich Cartellieri
ESSEN taz ■ Kleine Besen zum Großreinemachen verteilte die Junge Union zu Beginn des CDU-Parteitages in Essen. „Prima, neue Besen kehren gut“, kommentierten viele der rund eintausend Delegierten das Geschenk. Die Reaktion war symptomatisch. Von Finanzaffären, schwarzen Kassen und illegalen Konten wollten die Delegierten auf dem CDU-Parteitag in Essen nicht viel hören. Statt die Vergangenheit aufzuarbeiten, dominierte das Bedürfnis, möglichst schnell mit Angela Merkel neu anfangen zu können und wieder eine politische Perspektive zu finden. „Wir müssen Acht geben, dass wir nicht vom Patriarchat ins Matriarchat stolpern“, witzelte ein Delegierter, schließlich sei die innere Haltung, die das System Kohl möglich gemacht habe, doch in der Partei noch stark vertreten.
Nur nicht erinnert werden war das inoffizielle Motto. Und so dankten die Delegierten es dem nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden und Spitzendkandidaten bei der Landtagswahl im Mai, Jürgen Rüttgers, mit großem Beifall, dass er sie in seiner Begrüßungsrede mit solchem Ungemach verschonte. „Die Leute haben es satt, sich dafür entschuldigen zu müssen, dass sie in der CDU sind“, sagte der Bundestagsabgeordnete Norbert Röttgen. „Sie wollen spüren, dass wir wieder erfolgreich sein und angreifen können.“ Entsprechend dünn war der Beifall, als der scheidende Vorsitzende Wolfgang Schäuble zurückblickte und davon sprach, dass „die Zeit der Hinterzimmer und Strippenzieher“ zu Ende gehe. Ganz anders Nachfolgerin Angela Merkel: Sie fand warme Worte für das „historisch überragende Werk“ des Überkanzlers Helmut Kohl.
Letztlich ging es dann doch noch ein bisschen „Zur Sache“ – so das Motto des Parteitages –, als Schatzmeister Matthias Wissmann als letzte Amtshandlung in dieser Funktion seinen Bericht vorstellte. Er sprach nebulös von den „schweren Fehlern der Vergangenheit“ und die daraus erwachsenen „erheblichen finanziellen Probleme“. Wissmann, der als Schatzmeister von Ulrich Cartellieri abgelöst wurde, appellierte an die Delegierten, „die Strukturreform der neuen Führung zu unterstützen“, weil „solche Dinge nie wieder vorkommen dürfen“.
Die CDU will ihre Statuten dahingehend ändern, dass der gesamte Bundesvorstand für die Etats und die Rechenschaftsberichte der Bundespartei verantwortlich zeichnet. „Denn die Verantwortung darf nicht mehr einigen wenigen überlassen werden“, so Wissmann. Die alte Trennung, der Schatzmeister ist für die Einnahmen zuständig, der Generalsekretär für die Ausgaben, wird aufgehoben. Hinzu kommt ein Finanzkontrolleur, der eine Kontrollkommission leiten soll, die die gesamten Finanzen der Partei überprüft. Er wiederum wird vom Schatzmeister kontrolliert werden. Zu dessen Aufgaben wird es auch weiterhin gehören, mit „legalen Spenden“ die Parteikasse zu füllen. Denn die CDU muss rund 100 Millionen Mark Schulden abbauen. Der neue Mann in diesem Job, Ulrich Cartellieri, gilt vielen Delegierten als Idealbesetzung. „Mit ihm wird das Vertrauen in die finanzielle Solidität der CDU wieder wachsen“, ist sich Andreas Schmidt, CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss des Bundestages zur CDU-Finanzaffäre, sicher.
Aus dem Konrad-Adenauer-Haus hört man aber auch Bedenken gegen den alerten Juristen, dem als ehemaliges Vorstandsmitglied der Deutschen Bank und Mitglied in verschiedenen Aufsichtsräten großer Firmen beste Kontakte zur Wirtschaft bescheinigt werden. „Der kann auch nicht zaubern“, heißt es da mit dem Hinweis darauf, dass durch die Finanzaffäre die Zahl der CDU-Unterstützer deutlich zurückgegangen sei.
Mit Einsparungen von neun Millionen Mark pro Jahr und einer Beitragserhöhung für die Mitglieder sollen die ohnehin desolaten Finanzen darüber hinaus aufgebessert werden. Doch mit einer Konsolidierung alleine ist es nicht getan. Die Vorsitzende der Jungen Union, Hildegard Müller, warnte davor, dass „die Erneuerung der Partei nur an der Spitze hängen bleibt“. Erst mit einer strukturellen Weiterentwicklung könne die Partei sich auch programmatisch neu orientieren. KARIN NINK
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