: Stadion unter Dach und Fach
Senat billigt Verträge für Umbau des Olympiastadions, der noch im Mai beginnen soll. Auch während der Bauzeit finden dort Hertha-Spiele statt
Wenn Deutschlands Bewerbung um die Austragung der Fußball-Weltmeisterschaft im Jahr 2006 scheitert, soll niemand sagen können, es habe am Berliner Senat gelegen. Zwei Monate vor der Entscheidung des Weltverbandes Fifa am 6. Juli hat Bausenator Peter Strieder (SPD) noch schnell die Verträge für die Sanierung des Olympiastadions unterschrieben. Nach einem jahrelangen Hickhack soll der Augsburger Baukonzern Walter Bau AG nun endgültig Ende Mai mit dem Umbau beginnen.
Die Fans des Bundesligisten Hertha BSC brauchen trotzdem nicht zu befürchten, während der vierjährigen Bauphase bis zum Sommer 2004 auf ihr Fußballvergnügen verzichten zu müssen. Nach den Plänen werden die Bauabschnitte so eingeteilt, dass für alle Bundesligaspiele mindestens 55.000 Plätze zur Verfügung stehen. Während des alljährlichen Endspiels um den DFB-Pokal im Mai sollen die Arbeiten praktisch vollständig ruhen, so dass mit 70.000 Plätzen fast die gesamte Kapazität des Stadions nutzbar ist.
Trotz der jahrelangen Verhandlungen um den Einstieg eines Investors muss die öffentliche Hand die Sanierung des maroden Stadions fast alleine bezahlen. Von den auf 473 Millionen Mark reduzierten Baukosten trägt das Land 283 Millionen, der Bund schießt 100 Millionen zu. Walter Bau beteiligt sich an den Chancen, nicht aber an den Risiken des Geschäfts. Der Konzern bringt nur 90 Millionen Mark auf, die er in den ersten 13 Jahren nach Fertigstellung aus den Gewinnen der Betreibergesellschaft samt Zinsen zurückerhält.
Für etwaige Verluste kommt der Berliner Finanzsenator auf. Der Baukonzern bezahlt den gigantischen Bauauftrag im schlimmsten Fall mit bescheidenen 12,5 Millionen Mark, die er in eine so genannte „Liquiditätsreserve“ einzahlen muss.
Nach dem Ende der Sanierung im Jahr 2004 soll das Stadion von einer Gesellschaft betrieben werden, an der das Land eine Sperrminorität von 25,1 Prozent behält. Den Rest teilen sich Hertha und die Walter Bau. Der Bundesligist muss sich an den Baukosten nicht beteiligen, zahlt aber in einer durchschnittlichen Saison 11 Millionen Mark für die Nutzung des Stadions.
113 Logen, 4.440 teure Ehrenplätze und zwei Tiefgaragen sollen die Vermarktung der modernisierten Arena erleichtern. Eine Loge mit 12 Plätzen soll bis zu 120.000 Mark pro Saison kosten. Bleibt der sportliche Erfolg der Herthaner aus, bricht diese Kalkulation allerdings zusammen. Andere Großereignisse wie Rockkonzerte werden nur relativ geringe Beträge in die Kassen bringen, weil die Lärmschutzauflagen einer solchen Nutzung des Olympiastadions enge Grenzen setzen.
Von der Vergabe der Weltmeisterschaft haben die Vertragspartner die Sanierung nicht abhängig gemacht. Das Stadion wird also auch dann WM-gerecht ausgebaut, wenn der Zuschlag für das Turnier nach Südafrika geht. Aber dann war wenigstens nicht die Berliner Landesregierung schuld, wenn den Deutschen erneut ein sportliches Großereignis durch die Lappen geht. RALPH BOLLMANN
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