: Nur ein Viertelstündchen
Voll witzig: Sat.1 prescht mit neuen Werbeformaten nach vorne und vermietet Stars, Studios und Sendezeit. Pasta-Produzent Barilla und die Neckermänner zahlen fleißig für den Image-Gewinn
von PEER SCHADER
Eine ganze Weile ist es her, dass Schnauzbartmoppel Harry Wijnvoord und die Sat.1-Fönfrisurenträger Peter Bond und Frederic Meisner die vorabendliche Einschaltquote mit Produktpreis-Tippen und Begriffe-Raten in die Höhe trieben. Längst ist das „Glücksrad“ zu Kabel 1 abgewandert, wo nur noch hartgesottene Fans mit den Kandidaten am Rad drehen. Und auch „Der Preis ist heiß“ hatte den Zenit seines Erfolges bald weit überschritten und ist inzwischen völlig erkaltet.
Immerhin standen beide Sendungen einmal für den Erfolg eines Konzepts, das Werbung und Programm miteinander verknüpfte – und für Sender wie Werbetreibende gleichermaßen interessant war. Nach dem zeitweisen Niedergang der „Dauerwerbesendung“ zur besten Sendezeit beschränkte sich die Langform meist auf Teleshopping zu nächtlicher Stunde – für alles Unnütze vom Fett-Weg-Wundermittel bis zum asiatischen Gurkenhobel – vor allem bei Sendern, deren Quoten auch zur Prime-Time hübsch bescheiden blieben.
Comedy als Werbegag
Sat.1, in Sachen Werbeeinnahmen weit hinter Marktführer RTL zurück, wagt nun einen neuen Anlauf: Nach den Gewinnspielchen um Toaster, Reisen und Waschmaschinen soll Comedy mit den sendereigenen Zuschauerlieblingen die Werbebotschaft krachen lassen. Seit der Änderung des Rundfunkstaatsvertrages im April ist die Experimentierbereitschaft der Sender in Reklamesachen generell stark gestiegen.
Sat.1 hat hier die Nase vorn: Mit der „Neckermann-Geburtstagsshow“ und den entliehenen Stars des hauseigenen Erfolgsformats „Wochenshow“ ging es Ende April los. Eine Woche lang hatte der Versandhauskonzern die Truppe um Frontmann Ingolf Lück zum 50-jährigen Firmenjubiläum eingespannt. In der vertrauten„Wochenshow“-Kulisse alberten die Comedypromis täglich 15 Minuten um den den Neckermann-Katalog herum – und das mit einem akzeptablen Marktanteil von durchschnittlich zehn Prozent.
Am Sonntag startet nun auf Sat.1 „Die Barilla Comedy-Küche“, mit Thomas Hackenberg („Voll witzig!“) und Markus Maria Profitlich (schon wieder: „Wochenshow“). 14 Folgen der Pasta-Promotion werden bis August allsonntäglich ausgestrahlt, gleich nach den Nachrichten ab 18.45 Uhr. Die „innovative Sonderwerbeform“ soll den „Sympathiewert der Marke steigern“, heißt es in der europäischen Barilla-Zentrale. Eine Viertelstunde lang dreht sich bei Sat.1 nun künftig also alles um die Nudel, bevor dann bei Kai Pflaume die Liebe zählt. Verlosungen von Reisen ins Ursprungsland der Teigwaren belohnen aufmerksame Dranbleiber fürs Zusehen.
Eine Überprüfung durch die zuständige Landeszentrale für private Rundfunkveranstalter lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass die Comedy-Küche den Werberichtlinien entspricht, jedoch – wie bei allen Vorläufern – als „Dauerwerbesendung“ gekennzeichnet werden muss. Schon Sat.1-Nachtfalke Harald Schmidt hatte die Fußball-Weltmeisterschaft 1998 im „McSchmidt-Studio“ für McDonald’s fastfoodgerecht in kleinen Häppchen begleitet und visionär die neue Sendeform kommentiert: „Wir machen Werbung mit ein bisschen Fußball drin.“
„Ich bin mir sicher, dass die Sender mit dieser Art der Werbung ganz gut Geld verdienen. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass in Zukunft verstärkt auch auf anderen Sendern mit einem solchen Werbeformat gearbeitet wird“, meintWolf Platho von der rheinland-pfälzischen Landesmedienanstalt.
Zur regelmäßigen Einrichtung, so heißt es bei Sat.1, soll die Show-Werbung mit immer denselben Gesichtern jedoch nicht werden. Man wolle seine Stars auf keinen Fall einfach von einem Werbekunden zum nächsten weiterreichen, meinte ein Mitarbeiter des Berliner Senders zum Auftritt für die Neckermänner. Zumindest in den nächsten Monaten seien die „Wochenshow“-Stars daher für weitere Werbesendungen gesperrt – schließlich könnten sich ja sonst auch „Produktverwechslungen“ ergeben.
Seltsam bloß, dass Komikerbär Markus Maria Profitlich, seines Zeichens Wochenshowler, nach der Katalogblätterei für den Versandhauskonzern nun für Barilla schon wieder zum Kochlöffel greifen darf.
Junges Nudel-Image
Doch für Sender und Firmen ist die Show-Promotion nicht ausschließlich eine Frage der Produktwerbung. Schließlich erhoffen sich die Unternehmen von dem offensichtlich teuren Spaß eine Verjüngung ihres Images bei den potenziellen Käufern.
Der Kirch-Sender Sat.1 wiederum investiert gemeinsam mit dem konzerneigenen Vermarktungspartner Media 1 in Gestaltung, Konzeptentwicklung und Studiodekoration. „Natürlich könnten wir das auch billiger haben. Aber eine solche Low-Budget-Produktion würde nicht dem Image des Senders entsprechen“, weiß ein Sender-Mitarbeiter. Außerdem lässt sich das Sat.1-Kochstudio ja auch für weitere hauseigene Kochformate recyceln. Die „Comedy-Küche“, so wird jedenfalls gemunkelt, ist als „Millionenproduktion“ angelegt. Weder bei Sat.1 noch bei Barilla will man sich allerdings genauer in die Zahlen gucken lassen.
Fragt sich nur, ob der Zuschauer ohne „Aufhänger“ auch gezielt die „Werbung mit ein bisschen Kochen drin“ einschaltet – bei den trüben Quoten der Sat.1-Nachrichten „18.30“ düfte der „Mitnehmer-Effekt“ jedenfalls gegen null gehen.
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