: 4000 Jobs sind eine Messe wert
Regenbogen zitiert aus internem Papier: Fleischgroßmarkt muss bei Messe-Erweiterung dran glauben. Behörde streitet das ab ■ Von Peter Ahrens
Es ist der mit Abstand größte Arbeitgeber in St. Pauli: 4000 Arbeitsplätze hängen am Fleischgroßmarkt im Schanzenviertel. Für den Wirtschaftsexperten der Regenbogen-Gruppe, Norbert Hackbusch, ist klar: Die sind weg, wenn das benachbarte Messegelände erweitert wird. Er zitiert aus einem vertraulichen Senatspapier vom November: Darin wird von einer erheblich größeren Erweiterung ausgegangen, als es die Wirtschaftsbehörde bisher offiziell bekannt gegeben hat. Die Behörde dementiert: Man stehe zur „Bestandsgarantie für den Fleischgroßmarkt“.
In dem Papier vom 18. November, offiziell als „Vorlage zur Sitzung der Senatskommission für Stadtentwicklung, Wirtschaft, Umwelt und Verkehr“ gekennzeichnet, breitet sich die Messe im Westen über die unterirdisch verlaufende U-Bahn-Linie der U3 hinaus bis hin zur Sternstraße aus. Das würde bedeuten, dass der Großmarkt erheblich mehr Fläche aufgeben müsste als bislang dargestellt. Für Hackbusch wäre das „der Todesstoß für das einzigartige Zentrum des Fleischgroßmarktes“.
Zudem wird in dem Papier dem Investor der Erweiterung eine Fläche zum angrenzenden Karoviertel hin zur Verfügung gestellt, um Wohnungen und Büros zu bauen. „Das würde die Struktur des Karoviertels komplett verändern“, schlägt Hackbusch Alarm und spricht von einem „Affront“. Dass diese Planungen bei bisherigen Bürgerbeteiligungen nicht einmal erwähnt worden seien, hält er für „unseriös und unehrlich“.
Vorwürfe, die die federführende Wirtschaftsbehörde der Hansestadt nicht auf sich sitzen lassen mag. „Durch die Messeerweiterung wird kein Arbeitsplatz und kein Unternehmen gefährdet“, lässt Wirtschaftssenator Thomas Mirow (SPD) verlauten. Es bestehe auch nicht die Absicht, „auf dem jetzigen Messegelände Wohnungen, Büros oder sonstige Nutzungen zu realisieren“. Mirow und sein Sprecher Bernd Meyer bleiben dabei: Die „notwendige Inanspruchnahme von Flächen des Großmarktes“ werde in Gesprächen mit dem Unternehmen geregelt. Der Großmarkt selbst hat bisher jedoch stets betont, dass schon die offiziell erweiterte Erweiterung auf das Marktgelände die Existenz des Betriebes akut gefährde.
Das Papier vom November, das dem Regenbogen zugespielt wurde, sei nicht maßgeblich, sagt Mirow, sondern ausschließlich die Entscheidung des Senates einen Monat später. Kurz vor Weihnachten hatte die rot-grüne Regierung mitgeteilt, dass sie sich zur Erweiterung der Messe am alten Standort entschlossen habe.
Für Hackbusch stellt das Senatspapier dagegen „die gesamte Messeplanung in Frage“. Mirow gehe offenbar mit der „Salamitaktik“ vor, die Wahrheit über die Planungen nur scheibchenweise zu veröffentlichen, um durch Baubeginn bereits vollendete Tatsachen zu schaffen. Das erinnere ihn an die Planung der Dasa-Erweiterung in Finkenwerder, sagt Hackbusch. Und auch da geht es ja um 4000 Arbeitsplätze.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen