: „So redet nicht einmal der ADAC“
Reinhard Loske, umweltpolitischer Sprecher der Bundestags-Grünen, antwortet auf Schlauchs Thesen
Mit grüner Politik, die sich durch ein umfassendes Verständnis von Lebensqualität auszeichnen sollte, haben diese Sprüche rein gar nichts mehr zu tun. So redet heute nicht einmal mehr der ADAC. Wirklich eine erstaunliche Anpassungsleistung!
[. . .] Ist unser Problem heute wirklich, dass zu viele Leute kritisch zum Auto stehen? Trifft nicht eher das genaue Gegenteil zu? Tatsache ist doch, dass das Automobil einen „Doppelcharakter“ hat: Es ermöglicht Bewegung, Unabhängigkeit und Freiheit für den Einzelnen, aber es hat eben auch reichlich Schattenseiten: verstopfte Innenstädte, zugestellte Plätze, Lärm, Flächenversiegelung, Landschaftszerschneidung, Abgase aller Art, alljährlich Tausende von Toten und Verkrüppelten. Der Autoverkehr produziert also auch verschiedenste „Freiheitsbeschränkungen“ für die Gesellschaft. [. . .]
Eine grüne Partei, die ihre Verkehrspolitik auf neue Antriebstechniken für Autos konzentrierte, wäre eine Farce. [. . .] Dass der Bundeskanzler sich selbst als „Kanzler aller Autos“ bezeichnet, ist seine Sache. Ein grüner Fraktionsvorsitzender, der fast hymnisch das Auto preist, ist aber nur noch ein schlechter Witz.
Was mich noch mehr stört als die Überhöhung des Autos, ist die Begründung, man müsse diese Position einnehmen, um die „jungen Menschen“ zu gewinnen. Sicher trifft es zu, dass „ideologische“ Festlegungen bei Jugendlichen heute seltener geworden sind – zum Glück. [. . .] Das heißt aber nicht, dass idealistische Ziele wie Umweltschutz oder Gerechtigkeit nichts mehr gelten und nur noch der Fun-Faktor des Hier und Jetzt zählt. [. . .] Vor allem haben die meisten Jugendlichen ein ausgeprägtes Gespür für Authentizität und Originalität. Eine Umweltpartei, die meint, das Auto preisen zu müssen, um im vermeintlichen Trend zu liegen, wird nur noch belächelt, mit Sicherheit aber nicht geschätzt und gewählt.
Einfache Auswege nach dem Motto „Wasserstoff statt Benzin“ werden uns von der Autoindustrie angeboten werden. Das ist ihr Job, und das ist gut so. Von einer Politik, die Nachhaltigkeitszielen verpflichtet ist, darf man mehr als solche technischen Ziele erwarten. Sonst ist sie überflüssig. Das sage ich gerade als jemand, der immer großen Wert auf Kooperation mit der Wirtschaft gelegt hat.
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