: Ein Spiel auf Zeit
Nach Gesundung des DDR-Sportführers Manfred Ewald hofft der Angeklagte im Dopingprozess auf Verjährung
BERLIN dpa/taz ■ Der frühere DDR-Sportchef Manfred Ewald ist laut eines gerichtlich bestellten Gutachters verhandlungsfähig. Die Verteidigung des 74-Jährigen forderte daraufhin gestern vor dem Berliner Landgericht, das Spitzenverfahren um das systematische Doping im DDR-Sport niederzuschlagen. Doping sei in der DDR nicht strafbar gewesen, sagte Rechtsanwalt Frank Osterloh in seinem 65 Minuten langen Antrag. Das Gericht entschied darüber zunächst nicht, die Nebenklage warf Ewald wegen des umfangreichen Antrags eine Verzögerungstaktik vor. Mit ähnlichen Argumenten war die Verteidigung bereits im Berliner Doping-Pilotprozess 1998 gescheitert, nicht zuletzt, da die Anklage gar nicht auf Doping, sondern auf Körperverletzung an Minderjährigen lautet.
„Jetzt wird auf Zeit gespielt“, sagte Doping-Opfer Brigitte Michel nach der Verhandlung. Nachdem es Ewald nicht gelungen sei, auf Grund seiner Gesundheit aus dem Verfahren auszuscheiden, wolle er jetzt das Verfahren bis zum Eintritt der Verjährung am 2. Oktober verzögern, meinte die frühere Diskuswerferin. Die Ewald zur Last gelegten Taten würden am 2. Oktober verjähren, wenn bis dahin kein erstinstanzliches Urteil gefallen ist. Auch Nebenklägerin Birgit Boese sagte: „Ich komme mir doch sehr stark veralbert vor.“
Zuvor hatte der Vorsitzende Richter Dirk Dickhaus berichtet, dass Ewald nach seinem Fernbleiben vom Prozess in der vergangenen Woche erneut ärztlich untersucht worden sei. Daraus sei keine weitere Einschränkung der Verhandlungsfähigkeit – bislang mindestens zwei Stunden pro Prozesstag – abzuleiten.
Das Gericht verlas am neunten Verhandlungstag weitere Akten der DDR-Staatssicherheit. Ewald soll danach erklärt haben, im Sport sei alles erlaubt, entscheidend sei nur die erbrachte Leistung. Am kommenden Dienstag sollen weitere DDR-Sportlerinnen aussagen.
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