: „Jekyll & Hyde“ wird geholfen
■ Senat will kriselndem Musical am Richtweg acht Millionen Mark leihen / SPD verlangt zuvor Offenlegung aller Zahlen
Das Musical „Jekyll & Hyde“ steckt in der Krise, und prompt bewilligt der Senat zusätzliches Geld für das Theater am Richtweg: Mit einem Darlehen von bis zu acht Millionen Mark will das so genannte Wirtschaftskabinett den Betreibern jetzt „unter die Arme greifen“. Allerdings müssen die Wirtschaftsförderungsausschüsse dem noch zustimmen. Die Sprecherin dieser Ausschüsse, Eva-Maria Lemke-Schulte (SPD), hat zuvor eine umfassende Aufklärung über die Schieflage gefordert. „Es darf auf keinen Fall eine Dauer-Subventionierung geben“, sagte sie. Zurzeit wird das Musical mit 1,6 Millionen Mark jährlich subventioniert. Lemke-Schulte verlangte die Offenlegung aller Zahlen. Doch das kommt einem Stochern im Nebel gleich.
Dem Vernehmen nach schieben die Musical-Betreiber um den neuen „Jekyll & Hyde“-Manager René Meyer-Brede ein Fünf-Millionen-Defizit vor sich her. Offenbar bleiben Rechnungen unbezahlt. Der Immobilienunternehmer und Eigentümer des Gebäudes am Richtweg, Michael Arend, begründete die am Wochenende öffentlich gewordene Finanzkrise mit Altlasten und einem „saumäßigen Mai“. Nach seinen Angaben hat die alte Geschäftsführung bei den Produktions- und den laufenden Kosten überzogen und nach dem „relativ euphorischen Start“ im Februar 1999 nicht auf die Ausgaben geachtet. Mit dem Wechsel der Geschäftsführung wurde der ganze Betrieb zwar gestrafft. Doch seit Ende April gehen am Richtweg – wie an vielen anderen Theatern auch – die Besucherzahlen in den Keller. Arend hat sämtliche Zahlen nach unten korrigiert und hofft nur noch, dass das Theater wenigstens die Betriebskosten einspielt. Den ganzen Sommer lang rechnet er jetzt mit einer Auslastung von 50 Prozent. Über die Höhe der Eintrittseinnahmen und von Rabatten sagt das allerdings noch nichts.
Viel entscheidender als das branchenübliche Sommerloch ist die längerfristige Perspektive des Musicals. Schon bei der Ein-Jahres-Bilanz im Februar musste der „Jekyll & Hyde“-Manager Meyer-Brede einräumen, dass BesucherInnen aus dem Ruhrgebiet und dem Ausland bislang nicht gewonnen werden konnten. Die bis dahin gezählten 400.000 Musical-GängerInnen kamen aus einem Umkreis von maximal 150 Kilometern. Trotzdem wurde die Werbung „insbesondere überregional“, so der Senat gestern in einer Presseinformation, reduziert. „Wenn Sie kein Geld haben, können Sie auch keine Werbung machen“, sagte Michael Arend gestern der taz. Mit dem angekündigten Acht-Millionen-Darlehen soll sich das ändern. Ansonsten verweist Arend auf hohe Reservierungszahlen im Herbst. Das haben die „Jekyll & Hyde“-Betreiber im vergangenen Jahr auch getan. Damals stolperten sie ebenfalls ins Sommerloch. Der Versuch, Nordsee-Urlauber zu „Jekyll & Hyde“ zu locken, ging einem „Buten & Binnen“-Bericht zufolge seinerzeit schief.
Trotz der Krisennachrichten vom Richtweg halten Senat sowie SPD und CDU noch immer viel vom Musical. „Jekyll & Hyde“ habe einen entscheidenden Beitrag zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes geleistet, teilt der Senat mit. Auch Eva-Maria Lemke-Schulte (SPD) meint, dass ein Scheitern des Musical-Projekts ein „schwerer Schlag für das Standort-Image Bremens“ wäre. CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff freut sich über das zügige Handeln des Senats und gibt zu bedenken, dass das Musical die geplante touristische Aufwertung Bremens durch die Verspätungen bei den anderen Projekten wie Space Park oder UniVersum nun allein schultern müsse. Eine zusätzliche Dauersubvention will jedoch auch er nicht. Die oppositionellen Bündnisgrünen lehnen weitere öffentliche Zuschüsse für das Musical dagegen ganz ab. „Die ,Jekyll & Hyde'-Macher müssen endlich aus eigener Kraft im Wettbewerb bestehen“, sagte die Politikerin Helga Trüpel.
Ganz andere Auslastungssorgen als die Kollegen vom Richtweg hat der Intendant des Theaters am Goetheplatz, Klaus Pierwoß: „Wenn wir Musicals spielen, ist das Theater viel zu klein.“ ck
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen