: Bayerns Lebensart: Queer in Minga
Zum ersten Christopher Street Day in München kamen 1980 gerade mal zweihundert mutige Schwule und Lesben auf den Marienplatz vor dem Rathaus – damals noch eine Provokation in der bayerischen Hauptstadt. Inzwischen hat man sich hier an das jährliche Spektakel gewöhnt. Schon seit Jahren ist SPD-Oberbürgermeister Christian Ude CSD-Schirmherr und umjubelter Redner auf der Kundgebung. Kein Wunder: Ein Mitglied seiner Regierungskoaltion ist Thomas Niederbühl von der Rosa Liste. Der studierte Theologe, war Gründer der Münchern Aidshilfe, wurde 1996 in den Stadtrat gewählt. München war damit die erste europäische Stadt, in der ein Vertreter einer schwul-lesbischen WählerInneninitiative ins Parlament gewählt wurde.
Mit einem „Ball der Liebe“ wird am 13. Juli in den Münchner CSD hineingefeiert, der diesmal unter dem Motto Out & Proud steht. Stargast auf der Praterinsel: Georgette Dee. Weiter geht es mit einem Frauenfest im Vollmarhaus am 14. Juli und der Parade am 15. Juli. Startpunkt ist traditionell der Odeonsplatz. Voriges Jahr kamen rund 30.000 TeilnehmerInnnen. Abends steigt dann die CSD-Praternacht mit verschiedenen Dancefloors, Biergarten und Darkroom. Das Highlight des CSD-Sonntags ist seit vier Jahren das Pumps-Race: Schwule auf High Heels torkeln durch einen Hindernisparcours auf der Holzstraße. Rundrum findet ein schwul-lesbisches Straßenfest statt.
Wenn beim Oktoberfest „ozapft is“, packen auch die Lesben und vor allem die Schwulen ihre Trachtenhosen aus. Am ersten Wiesn-Sonntag findet seit Mitte der Siebzigerjahre das Ledertreffen des Münchner Löwen Clubs statt. Neben den rund sechshundert Kerlen in Schwarz kommen auch immer Tausende Homos zum Singen und Saufen ins „Bräurosl“-Zelt.
Das Glockenbachviertel zwischen Sendlinger Tor und Gärtnerplatz ist die beliebteste Wohn- und Ausgehgegend der Münchner Schwulen und Lesben. Hier findet man zum Beispiel die „Deutsche Eiche“, die seit den Fünfzigerjahren ein Szenetreffpunkt ist. Schon Rainer Werner Fassbinder war hier mit seiner Clique regelmäßig zu Gast. Sehr bunt, sehr kuschelig und bei Lesben und Schwulen gleich beliebt ist das Café Glück in der Palmstraße. Sonst kreuzen sich die Wege kaum: Leder- und Uniformfreunde gehen in den „Bau“ oder in den „Ochsengarten“ auf der Müllerstraße.Die ältere Lesbe trinkt ihr Bier in der „Karotte“ oder „Bei Clara“.
Zum Tanzen gibt es am Maximiliansplatz das „Soul City“ und das „Fortuna“. Alle zwei Wochen finden im „Vollmarhaus“ die schwullesbischen Blue Moon Partys statt, einmal im Monat gibt es den inzwischen auch von Heteros gut besuchten Candy Club im Backstage – Indiepopmusik ist hier Programm. Bei Problemen wenden sich Münchner Lesben an die Beratungsstelle LeTra, die Schwulen lassen sich im SUB helfen. Wer nach Terminen oder allgemeinen Szene-Infos sucht, schaut am besten in das kostenlose schwul-lesbische Stadtmagazin Our Munich oder fragt im Max und Milian Buchladen nach. Für lesbische Frauen ist auch Lillemor’s Frauenbuchladen (der älteste in Deutschland) eine gute Anlaufstelle – die beiden Buchhändlerinnen kennen die Szene seit Jahren. NADINE LANGE
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