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Kampf gegen die Grünen?

Nein

Ich weiß nicht, was es bringen soll, Anti-Atom-Politik gegen die Grünen zu machen. Die Auseinandersetzungen – nicht nur um Gorleben, sondern insgesamt – sind noch nicht entschieden. Und es geht nicht ohne Verbündete in den Parteien.

Die Anti-Akw-Bewegung, gerade auch in Lüchow-Dannenberg, hat immer davon gelebt, dass sehr breite Bündnisse geschlossen worden sind. In der Bürgerinitiative zum Beispiel hier bei uns im Wendland hat die Parteizugehörigkeit nie eine Rolle gespielt. Für die Grünen ist natürlich das Thema Atompolitik viel wichtiger als für andere Parteien. Und in der Partei wurde und wird auch an verschiedenen Orten der Ausstieg mit großem Nachdruck verfochten.

Das hat trotzdem nie bedeutet, dass es nicht Auseinandersetzungen zwischen Grünen und der Anti-Atom-Bewegung gegeben hätte – weil natürlich die Arbeit in Parlamenten unter anderen Vorzeichen verläuft als die Arbeit, die eine Bürgerinitiative macht. Trotzdem ist es Tradition, dass die Auseinandersetzung auch auf der Straße und vor Gerichten geführt wird.

Ich weiss nicht, was es der Bewegung bringen soll, Anti-Atom-Politik gegen Grüne zu machen.

Gerade im Moment kommt es darauf an, sich mit den richtigen Leuten – in allen Parteien – weiter zu verbünden. Denn das erste Fazit aus diesem Atomkonsens ist doch, dass die Auseinandersetzungen, nicht nur um den Standort Gorleben, sondern insgesamt, nicht entschieden sind.Warum sonst sind heute die Aktien der Stromkonzerne ungeheuer gestiegen?

Nehmen wir das Beispiel der Atomtransporte: Das ist ein komplexer Bereich. In einer von den Grünen finanzierten Studie wie auch in einer alten Forderung der Bewegung heißt es: Lagerung des radioaktiven Abfalls da, wo der Atommüll anfällt – also in Zwischenlagern an den AKW-Standorten, um unnötige Transporte zu vermeiden. Jetzt wird in der Konsensvereinbarung allerdings die Wiederaufarbeitung nicht gestoppt und die Lager in Gorleben nicht in Frage gestellt. Das finde ich natürlich keinen Gewinn. Und mich ärgert, wenn das Grüne zum Beispiel aus der Bundestagsfraktion so von obenhin falsch kommentieren. Die Entschlüsse zur Entsorgung sind auch für mich unerträglich, weil sie Entschlüsse aus beiden Regierungsparteien nicht erhalten.

Nun kommt es aber darauf an, wie man damit umgehen will. Darüber kann man streiten, aber ich glaube, es geht nicht ohne Verbündete in den Parteien.

Ich werde in Münster dem Atomkonsens nicht zustimmen – auch wenn ich immer dachte, ein Konsens ist besser, als all die Klagen der Energieversorger abzuwehren. Denn das Gesamtpaket enthält aus niedersächsischer Sicht zu viele Zugeständnisse an die Stromkonzerne. Und für die Zukunft muss klar sein, dass Prozesse in der Partei so nicht wieder laufen dürfen: Jürgen Trittin als der zuständige Grüne formuliert ein Ziel und wird vom Kanzler abgeschmettert, dann stellen sich die Grünen auf die Hinterbeine, es gibt es ein neues Papier, Geheimverhandlungen, neue Zugeständnisse, und das Ganze geht in ein, zwei neue Runden. Und dann wird sich hingestellt und die so erreichte Vereinbarung als der historische Beschluss der Grünen in dieser Legislaturperiode verkauft. Für diese Misere sind Führungsleute in der Partei verantwortlich, und zwar bis zum letzten Tag. Da hilft jetzt auch keine nachträgliche Kritik, wie zum Beispiel durch Antje Radcke. Das schadet zusätzlich dem Ansehen der Partei.

Trotzdem: Ich habe in all den Jahren mit Schwierigkeiten, aber doch immer wieder gut mit der Bürgerinitiative im Wendland und dem Rest der Republik zusammengearbeitet. Und davon hat auch die Partei profitiert. Das sollte sich auch in Zukunft weiter so entwickeln, weil die Aufgaben immer noch die alten sind.

Und ich kenne auch in jeder Partei Leute, die über Jahre Minderheitenpositionen vertreten haben. Die sind auch nicht gleich aus ihrer Partei ausgetreten. Und oft stellt sich der Erfolg dann ja auch noch ein – wie zum Beispiel bei den Positionen der SPD zu den alternativen Energien. REBECCA HARMS

Autorenhinweis:Die Autorin ist 43 Jahre alt, Filmemacherin und Fraktionsvorsitzende der Grünen im niedersächsischen Landtag. Sie wohnt im Wendland.

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