MINISTERPRÄSIDENTEN MACHEN IHRE KULTUSMINISTER LÄCHERLICH: Geld oder Persönlichkeit
So deutlich war nie, welchen Stellenwert die deutschen Kultusminister in der großen Politik eigentlich haben: nämlich keinen. Monatelang hatten sie versucht, den Konflikt um die Studiengebühren zu lösen. Sie taktierten öffentlich und stritten hinter verschlossenen Türen: ob die bezahlte Uni an sich des Teufels ist? Oder ob Strafgebühren für tatsächliche oder vermeintliche Bummelstudenten akzeptabel sind? Die Kulturniks rauften sich schließlich zu einem Kompromiss zusammen. Der lautete, über die Parteigrenzen hinweg: Das erste Studium muss kostenlos zu haben sein – und das wollen wir auch vertraglich für einige Jahre festschreiben. Damit erst mal Ruhe ist. Nun haben die Ministerpräsidenten ihren Kulturmenschen den Vogel gezeigt.
Nicht, dass die Landesfürsten den Kompromiss der Kultusminister glatt zurückgewiesen hätten. Nein, sie haben ihn zur Unkenntlichkeit entstellt. Den einzigen Vorteil eines Gebühren-Staatsvertrags haben die Ministerpräsidenten dabei zunichte gemacht: dass die Gebühren vom Tisch gewesen wären. Stattdessen haben sie die ganze Nation dazu verurteilt, weiter über Uni-Gebühren zu streiten. Das ist schlecht. Denn die Gebührenfrage lenkt ab von der eigentlichen Zukunftsfrage der deutschen Uni: ob sie weiter Humboldt folgen will, also die Wissenschaft als den bisweilen umständlichen, aber besten Lehrmeister für alle Studierenden ansieht – sprich: für die Persönlichkeit. Oder ob sie das schnellere, weil verschulte Prinzip angelsächsischer Unis übernimmt, das auf die Verwertbarkeit junger Akademiker zielt – sprich: die Berufsfertigkeit.
Die schlauen Technokraten aus den Regierungszentralen werden sagen: Über die Zukunft der Uni streitet sich’s am trefflichsten, wenn’s um Geld geht. Das ist nicht falsch. Man kann über die Zukunft der Hochschulen auch entlang der Frage streiten, was Studieren kosten darf und wer es bezahlen soll. Nur ist dann von vornherein klar, wie der Streit um Humboldt ausgeht: Die Berufsfertigkeit wird die Persönlichkeitsbildung aus den Hochschulen verdrängen. CHRISTIAN FÜLLER
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