Rauchen, trinken, schimpfen

Mit ihrer puristischen Zeichentrickcomedy „Sprung ins Leben“ karikiert die britische Cartoonistin Candy Guard das Single-Dasein der modernen Frau – als neurotisch-hektischen Spießrutenlauf

Je verzweifelter eine Frau an die Oberfläche strebt, um so stärker wird sie von „Schlingpflanzen“ wie der Familie, alten Freunde, Nachbarn und dem ungeliebten Ex wieder auf den Boden der Tatsachen hinuntergezogen. So jedenfalls, als ein Leben unter Wasser, stellt sich die britische Cartoonistin Candy Guard das Singledasein vor.

„Pondlife“ ist der Originaltitel ihrer in England sehr erfolgreich gelaufenen Zeichentrickreihe, die von Arte unter dem Titel „Sprung ins Leben“ ausgestrahlt wird – zur besten Sendezeit in einer Staffel von zwölf elfminütigen Episoden an sechs aufeinander folgenden Sonntagen.

Die buchstäblich gezeichnete Protagonistin raucht, trinkt, schimpft und flucht, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. „Sie haben die Zwangsvorstellung, witzig sein zu wollen“, muss sie sich von der esoterisch angehauchten Therapeutin anhören, „Sie sind vaterfixiert, haben Angst vor Männern, unzählige Neurosen, manisch-depressive Anwandlungen, Versagensängste, Angst vor Erfolg, unterdrückte Wut und eine viel zu schnelle und flache Atmung.“

Mit einem großen Schuss Selbstironie und dem Charme von Ekel Alfred ausgestattet, umschifft Dolly hilflos egomanisch alle Klippen des Alltags, stets auf der Suche nach dem großen Glück, dem ultimativen Kick oder dem richtigen Job. Und weil die die Produzenten, darunter Channel 4 und S4C, offenbar keine Serie mit zwingenden Fortsetzungscharakter vorgesehen hatten, steht jede der kurzen Episode für sich. Schon in ihren Kurzfilmen hat Candy Guard Frauen in alltäglichen Situationen gezeigt. Als Teenager fand sie die Cartoons der Jugendzeitschriften langweilig, in denen nur „Jungs und fettiges Haar“ im Mittelpunkt standen. Sie bevorzugte schon immer die frechen Mädchen, die sagen, was sie wollen. Und so ist es geblieben, weil sich Dolly Pond konsequent weigert, erwachsen zu werden.

Auch nach dem „Sprung ins Leben“ hat die Heldin nicht gelernt, sich zu benehmen. Candy Guard karikiert die allzusehr an zeitgenössischen Modeströmungen orientierte Singlefrau mit einfachen Strichen und ohne jeden modischen Schnickschnack – nicht der einzige angenehme Unterschied zu anderen Zeichentrickserien. Denn der einfache Stil und die witzigen Dialoge haben der Cartoonistin nicht nur Preise auf internationalen Animationsfestivals eingebracht – deutsche Zuschauer dürfen sich darüber hinaus an den schonungslos realistischen Ton von Clodwig Poths „progressivem Alltag“ erinnert fühlen.

CORNELIA FLEER

25. Juni bis 6. August, Arte, jeden Sonntag um 20.15 Uhr (außer am 9. Juli)