Schluss mit Beißhemmung

Wilhelmsburger Hunde-Halter in Haft: Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung. Senat will Verordnung ändern  ■ Von Elke Spanner

Der Halter der Kampfhunde, die am Montag in Wilhelmsburg einen Jungen totbissen, ist im Gefängnis. Gestern Nachmittag wurde Ibrahim K. in Untersuchungshaft genommen, Haftgrund: Fluchtgefahr. Die Staatsanwaltschaft hat gegen ihn Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung des sechsjährigen Vol-kan eingeleitet.

Die Mordkommission der Polizei war zuvor einen Schritt weiter gegangen und hatte Ibrahim K. der vorsätzlichen Tötung beschuldigt – worauf mindestens fünf Jahre Haft stehen. Der Hamburger Senat will schon heute über eine neue Hunde-Verordnung beraten und verkünden, wie diese aussehen wird.

Oberstaatsanwalt Rüdiger Bagger erklärte gestern, dass gegen Ibrahim K. zunächst wegen Fahrlässigkeit ermittelt werde, am Ende aber auch Anklage wegen vorsätzlicher Tötung oder Körperverletzung mit Todesfolge erhoben werden könnte. Dafür müsste Ibrahim K. zumindest „billigend in Kauf genommen“ haben, dass die Hunde einen Menschen anfallen könnten. Der 23jährige war mit seinem Pitbull und dem Staffordshire-Terrier seiner Freundin Silja W. unterwegs. Sein Hund hatte in der Vergangenheit wiederholt andere Hunde angegriffen. Erst im Mai hatte das Ordnungsamt ihm auferlegt, das Tier nur mit Leine und Maulkorb auszuführen. Das hatte er ignoriert.

Auch den Staffordshire-Terrier seiner Freundin, für den ebenfalls Leinenpflicht bestand, ließ er frei laufen. Weil Silia W. offenbar nicht auf der Leine für ihren Hund bestand, ist auch sie der fahrlässigen Tötung beschuldigt. In Haft ist sie aber nicht.

Auf der politischen Ebene sind sich seit Volkans Tod alle einig, dass jetzt schnell gehandelt werden muss. Die CDU forderte gestern, die neue Hunde-Verordnung nach dem Vorbild Bayerns auszugestalten und für bestimmte Rassen ein Zucht- und Importverbot einzuführen. Zudem sollten Kampfhunde kastriert und sterilisiert sowie die Steuer auf diese Tiere erhöht werden.

Der Geschäftsführer des Hamburger Tierheims, Wolfgang Poggendorf, verlangte zudem die Einrichtung einer „Sonderkommission“ zur Kontrolle von Leinen - und Maulkorbzwang. Die 4,6 Millionen Mark an Hundesteuer, die die Stadt Hamburg jährlich einnehme, müsse für Personal zur Kontrolle von Hund und Halter benutzt werden.

Der Mieterverein zu Hamburg wies darauf hin, dass sich alle BewohnerInnen eines Mietshauses gegen Kampfhunde in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft wehren können. Hält im Haus jemand ein gefährliches Tier, sollten die anderen BewohnerInnen ihren Vermieter auffordern, umgehend die Kampfhunde zu entfernen – notfalls gerichtlich. Das Recht darauf bestehe auch, wenn sich die Hunde bisher friedlich verhalten haben. Die „Kieler Wohnungsgesellschaft“ kündigte gestern bereits an, in ihren Häusern keine Kampfhunde mehr zu dulden.