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Putzige Exoten

Befreiungsschlag der Gleichstellung gegen Rollenschemata: Hamburger Haushaltsfirma sucht den Hausmann des Jahres  ■ Von Peter Ahrens

Was ist der Mann? Folgende Details sind bekannt: Er wendet wöchentlich 14 Stunden weniger für den Haushalt auf als die Frau, er kocht und putzt nur ein Viertel von dem, was Frauen tun. Für Pflege und Reinigung der Wäsche braucht er gerade mal zwei Minuten am Tag. Die Wissenschaft schaltet sich ein und sagt in Gestalt der Gießener Wirtschaftsprofessorin Uta Maier: „Am häufigsten waschen Männer noch immer das Auto oder führen bestenfalls kleinere Reparaturen im Haushalt durch.“ Das Problem: Der Mann.

Teillösung: Der Hausmann. Der Hausmann wäscht auch Wäsche und nicht nur Golf Cabrios. Der Hausmann ist außerdem Zielgruppe von Haushaltsgeräteherstellern. Lux ist so ein Hersteller, sitzt in Hamburg und ruft zum Wettbewerb auf: Gesucht wird der Hausmann des Jahres.

Das ist schon einen Wettbewerb wert. Männer, „die das traditionelle Rollenschema durchbrechen“ (Pressemitteilung Lux). Schaut her, wie toll, wie zeigenswert, wie ungewöhnlich: Dieser Mann wäscht seine Socken selbst. Hinter vorgehaltener Hand wird getuschelt: Dieser Mann brät sich seine Extrawurst gar eigenhändig. Sicherlich passieren dabei noch kleine Unfälle in der Küche: Wasser kocht über, die Nudeln brennen am Topfboden fest. Aber wir üben ja noch, wir sind ja erst am Anfang. Es ist schließlich das erste Mal, dass der Hausmann des Jahres gekürt wird. Die Siegchancen sind jedenfalls extrem gut.

Erst mal die Bewerbung: Den Unterlagen liegen zwei Formblätter bei. Formblatt eins: Hiermit möchte ich mich zum Hausmann des Jahres vorschlagen. Kurze schriftliche Begründung – maximal 25 Zeilen. Formblatt zwei: Der Fragebogen. Bitte kreuzen Sie an: Arbeiten, die regelmäßig und in Hauptverantwortung durchgeführt werden. Haustierpflege (Stafford-shire-Terrier), Kochen (Eier), Einkaufen, Geschirr spülen, Knöpfe annähen und jetzt kommt es, das Entwürdigende, das ultimativ Unmännliche: Fußboden wischen, Bett beziehen. Wer das ankreuzt, ist quasi schon in der engeren Wahl. Die 10.000 Mark Siegprämie sind fast schon verdient.

Anzugeben ist dann noch, wie viele Stunden mann täglich mit Hausarbeit verbringt, ob einem eine Familie bei dieser schweren Bürde den Rücken stärkt (Stärken der Bettwäsche bitte nicht vergessen) oder ob mann das allein als Single tragen muss. Der Staubsauger ist die Braut des Hausmannes. Einsendeschluss 31. Juli (Post wird selbstständig zum Briefkasten gebbracht, dabei kann mann auch gleich den Müll entsorgen).

Das dient natürlich der Gleichstellung und ist überhaupt keine Werbe-Heuchelei. Denn der Wettbewerb „lenkt die Aufmerksamkeit auf das krasse Missverhältnis bei der Arbeitsbelastung von Männern und Frauen im Haushalt“, sagt Peter Robert von der Hamburger Lux-Zentrale. Deshalb gibt es ja auch nicht die Wahl des Hausmenschen des Jahres, sondern nur des Hausmannes. Denn dass Hausfrauen all diese Arbeiten tun, ist ja selbstverständlich.

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