: Lob der Parteilichkeit
CDU-Obmann Andreas Schmidt trägt im Untersuchungsausschuss wenig dazu bei, die Spendenflüsse aufzuklären. Er will es auch gar nicht
Seit 1990 sitzt er im Deutschen Bundestag. Ein klassischer Vertreter der zweiten Reihe: unauffällig und nicht medienrelevant. Selbst als parlamentarischer Geschäftsführer oder jetzt als Justiziar der CDU/CSU-Fraktion fiel er bisher nicht auf. Dann kam seine große Stunde. Andreas Schmidt wurde der Obmann der Unionsfraktion im Untersuchungsausschuss zur CDU-Parteispendenaffäre. Seitdem ist breit in den Medien zu besichtigen, wann immer das Gremium getagt hat: Vor laufenden Fernsehkameras und dem Pulk von Journalisten lässt er dann verlässlich sein Sprüchlein los: „Wir haben heute nichts Neues gehört.“ Bei jedem Zeugen wieder lautet Schmidts klassische Interpretation: Glaubhaft sei bestätigt worden, dass die Regierung Kohl durch Spenden nicht beeinflusst worden sei. Andere Eindrücke werden von Schmidt schlicht als „bösartig“ abgetan.
Beobachter, die noch zu Beginn der Spendenaffäre Schmidt für einen aufgeschlossenen Christdemokraten hielten, sind inzwischen gründlich enttäuscht. Mittlerweile gilt er als „eine der führenden Marionetten in Kohls Theater“ (Berliner Zeitung). Schmidts blinde Treue zu Kohl mag auch damit zusammenhängen, dass er aus Nordrhein-Westfalen stammt und dort politisch groß geworden ist. Wir erinnern uns: Es war der nordrhein-westfälische Landesverband, der wesentlich zum Sturz des damaligen Partei- und Fraktionschefs Wolfgang Schäuble beigetragen hat, der Kohl gedrängt hatte, mit der ganzen Wahrheit herauszurücken.
Im zivilen Leben ist Schmidt Anwalt – und diese Rolle hat er bruchlos auf den Untersuchungsausschuss übertragen. Auch wenn dort eigentlich objektiv die Wahrheit über die Spendenflüsse ermittelt werden soll: Schmidt sieht sich als Anwalt des Helmut Kohl. Diese befremdliche Sicht seiner Rolle und des Untersuchungsausschusses hat Schmidt vor kurzem auch noch einmal auf dem Deutschen Anwaltstag in Berlin eindeutig klargestellt: „Der parlamentarische Untersuchungsausschuss ist in erster Linie ein politisches Kampfinstrument. Die öffentliche Untersuchung mit der entsprechenden Medienpräsenz ist der eigentliche Zweck.“ Die sehr persönliche Sicht des Andreas Schmidt ist sonst nirgendwo zu finden, weder im Grundgesetz noch in sonstigen gesetzlichen Regelungen zum parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Denn bisher sollten diese Gremien immer Fehlverhalten in der Politik offen legen und untersuchen. Aber mit CDU-Obmann Andreas Schmidt ist das offenbar alles anders geworden.
KARIN NINK
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