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Steuern: „Gottvater“ Scherf schweigt

■ Tauziehen um Bremer Stimmen bei der Entscheidung über die Steuerreform im Bundesrat am Freitag, den 14. Juli / SPD-Finanzpolitiker Volker Kröning: „Man kann das Klima verbessern“

„Schreiben Sie doch das, was eine große süddeutsche Tageszeitung über mich geschrieben hat“, scherzte Bremens Bürgermeister Henning Scherf gestern auf dem Flur im Rathaus: „Ich bin der Gottvater der bundesweit am besten funktionierenden großen Koalition“. In der Sache, nämlich zur Frage des Bremer Abstimmungsverhaltens im Bundesrat, wollte Scherf lieber nichts sagen.

„Wir bewegen uns auf blitzblankem Parkett“, sagt der frühere Bremer Finanzsenator Volker Kröning, der als Bundestagsabgeordneter in Berlin die rot-grüne Steuerreform unterstützt. Denn Bremen braucht, wenn es um den Länderfinanzausgleich geht, demnächst im Bundestag eigentlich beide, die CDU und die SPD.

Die von großen Koalitionen regierten Länder Bremen, Berlin und Brandenburg müssen am Freitag im Bundesrat zustimmen, wenn das Ergebnis des Vermittlungsausschusses die erforderliche Mehrheit bekommen soll. Es war der Brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe, über den SPD-Chef Björn Engholm 1992 das Wort prägte: „Der ist ja kein geborener Sozialdemokrat.“ Stolpe hatte der Steuerreform des CDU-Finanzministers Theo Waigel zur Mehrheit verholfen. Stolpe wollte sich damals aus wohlverstandenem Landesinteresse nicht gegen die Bundesregierung stellen.

Dasselbe Problem haben vor diesem 14. Juli 2000 die CDU-Länderpolitiker in Berlin, Brandenburg und Bremen. Die Erklärungen von Bremens CDU-Chef Bernd Neumann etwa klingen keineswegs so fundamental wie die seines Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz. Besondere Nähe demonstrieren die beiden im CDU-internen Verhältnis auch sonst nicht; öffentlich brüskierte Neumann mit der Einladung an Kohl zum CDU-Neujahrsempfang den „Neuanfang“ der CDU-Spitze vor der gesamten Republik. In der Frage des Länderfinanzausgleiches ist Merz gleichzeitig ein finanzpolitischer Hardliner, aus Bremer Sicht kann es also nicht schaden, wenn er innerparteilich geschwächt wird.

Die Bundes-SPD führt auch in Bremen ihre Anzeigenkampagne gegen die CDU: „Wir wollen, dass Sie weniger Steuern zahlen. CDU/CSU wollen das verhindern“. Henning Scherf kann es sich im Grunde nicht leisten, dass an den Bremer Stimmen die Steuerreform des Bundes scheitert. „Käuflich“, wie vielfach gesagt wird, seien die Bremer Stimmen derweil nicht, sagt der SPD-Finanzpolitiker Volker Kröning, feste Zusagen der Bundesregierung kann es nicht geben, weil der Bundestag in einem Sonderausschuss im Herbst unter seiner Leitung die Initiative für eine Neuregelung ergreifen wird und weil in der SPD in dieser Frage kaum etwas ohne Nordrhein-Westfalen geht. „Aber man kann das Klima verbessern oder man kann das Klima verschlechtern, und Bremen braucht ein gutes Klima für die bevorstehenden Verhandlungen.“ Die Alternative der Ablehnung gibt es für Kröning daher nicht: „Stimmt Bremen zu, nützt es nicht nur Wachstum und Beschäftigung, sondern auch Bremen. Stimmt Bremen nicht zu, schadet es beiden.“

In diesem Sinne hatte der SPD-Landesvorsitzende Detlev Albers sich eindeutig dafür ausgesprochen, dass Bremen der Steuerreform zustimmt. Auch die Bremer Grünen sind koalitionstreu und fordern die Zustimmung.

K.W.

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