: Grundstücke gehen an den freien Markt
Was der Senat beschloss: Die Veräußerung des städtischen Grundstücksvermögens durch einen Liegenschaftsfonds
Nach jahrelangem Hickhack hat der Senat gestern ein stark abgespecktes Konzept zum Verkauf städtischer Grundstücke beschlossen. Demnach sollen in einem ersten Schritt rund 5.000 landeseigene Grundstücke im Wert von drei bis vier Milliarden Mark einem landeseigenen „Liegenschaftsfonds“ übergeben werden. Der Fonds, der die Grundstücke an Investoren verkaufen soll, werde etwa 60 bis 100 Mitarbeiter haben und spätestens am 1. Januar 2001 die Arbeit aufnehmen, sagte Finanzsenator Peter Kurth (CDU) gestern.
Damit hat sich die Stadtregierung endgültig von den Plänen der früheren Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) verabschiedet. Sie hatte den Fonds vor zweieinhalb Jahren ins Gespräch gebracht, um einen gigantischen Schattenhaushalt aufzubauen. Sie wollte die Grundstücke einem Investor übergeben, der im Gegenzug etwa 15 Milliarden Mark Landesschulden übernehmen sollte. Das hätte dem Stadtstaat pro Jahr Zinszahlungen von rund einer Milliarde Mark erspart.
Dieses Modell ist jetzt vom Tisch. Stattdessen soll der „Liegenschaftsfonds“ vollständig im Besitz des Landes verbleiben. Verkaufserlöse werden also erst dann als Einnahme verbucht, wenn die Grundstücke auch tatsächlich verkauft sind. Deshalb lässt sich jetzt noch nicht sagen, welcher Betrag jährlich aus dem Fonds in den Landeshaushalt fließt.
Auch das Volumen des Fonds ist stark geschrumpft: Fugmann-Heesing hatte ursprünglich das Dreieinhalbfache der Fläche mit dem Sechsfachen des Wertes veranschlagt. Die 10 Millionen Quadratmeter, die jetzt verkauft werden sollen, machen nur rund 2,6 Prozent des Landesvermögens aus. Kurth betonte jedoch, dabei handele es sich lediglich um einen „ersten Schritt“.
Die Bezirke, aus deren Vermögen ein großer Teil der Grundstücke stammt, müssen dem „Liegenschaftsfonds“ im Rat der Bürgermeister noch zustimmen. Ein Scheitern gilt als unwahrscheinlich – trotz Kritik.
Der Kreuzberger Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Bündnisgrüne) sagte, die Bezirke seien am Vergabeverfahren nicht ausreichend beteiligt. Deshalb bestehe die Gefahr, dass stadtplanerische Belange nicht berücksichtigt würden. Außerdem beteilige der Senat die Bezirke mit nur 10 Prozent nicht ausreichend an den Erlösen.
RALPH BOLLMANN
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