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Frankreichs Schmiergeldmaschine

Ein ehemaliger Elf-Manager packt aus: Die CDU erhielt tatsächlich im Zusammenhang mit der Leuna-Privatisierung 256 Millionen Franc. Afrikanische Ölherrscher bekamen insgesamt pro Jahr 60 Millionen Dollar „Abonnementsgebühr“

von DOMINIC JOHNSON

Alles, was dem ehemals staatlichen französischen Ölkonzern Elf an finsteren Geschäften unterstellt wird, ist wahr. Zu diesem Schluss führen jedenfalls die Geständnisse, die der ehemalige Afrika-Öldirektor von Elf, André Tarallo, vor Untersuchungsrichtern in Frankreich gemacht hat. Seit am Montag Tarallos zweiwöchige Aussage im Rahmen der laufenden Ermittlungen über Elf-Korruptionsaffären in Paris zu Ende ging, füllen aufschlussreiche Auszüge aus den Vernehmungsprotokollen die französischen Zeitungen.

Wahr ist Tarallo zufolge, dass Elf im Rahmen der Privatisierung der ostdeutschen Leuna-Raffinerie 1992 256 Millionen französische Franc Schmiergelder zahlte, die der CDU zugute kamen. Das Geld sei mit Billigung von Präsident François Mitterrand geflossen. „Loik Le Floch-Prigent (damals Elf-Direktor) sagte mir, er habe dafür die Erlaubnis des Präsidenten erhalten“, so Tarallo. Er, Tarallo, habe aber erst später erfahren, dass die CDU der Endempfänger war.

Es ist das erste Mal, dass ein Mitglied der damaligen Elf-Führung vor einem Untersuchungsrichter Schmiergeldzahlungen an die CDU in der genannten Höhe bestätigt. Die Summe von 256 Millionen Franc ist in den letzten Jahren mehrmals in Medienberichten genannt worden und wurde immer dementiert, besonders von der CDU.

Es sei mehrmals vorgekommen, dass Präsident Mitterrand Elf angewiesen habe, Schwarzgeld zu zahlen, so Tarallo. Die Anweisungen seien über den Geschäftsmann Hubert Le Blanc-Bellevaux gelaufen, eine Schlüsselfigur der dunklen Geschäfte von Elf, gegen die seit 1997 wegen Korruption ermittelt wird.

Der 73-jährige Tarallo, ein ebenfalls wegen Korruption in ein Ermittlungsverfahren verstrickter Studienfreund des heutigen französischen Präsidenten Jacques Chirac, bestätigt und präzisiert auch das Ausmaß der systematischen Korruption, die Elf während seiner Zeit in Afrika praktizierte. Seiner Aussage zufolge zweigte die Elf-Handelstochter „Elf Trading“, die den afrikanischen Tochterfirmen von Elf ihr Öl abkaufte, pro Barrel etwa 0,40 US-Dollar ab, die „an eine Offshore-Firma auf Anweisung der politischen Entscheidungsträger des Förderlandes“ weitergeleitet wurden.

Von einem offiziellen Preis von 20 US-Dollar pro Barrel, so Tarallo, würden also tatsächlich nur 19,6 Dollar gezahlt und der Rest ginge an „Staatschefs, Minister und herrschende Familien“ in den Ölländern. Die 40 abgezweigten Cents pro Barrel seien, so Tarallo, eine Art „Abonnement“ auf das Öl des Förderlandes. Zwischenstation auf dem Weg an die Empfänger sei „fast immer Liechtenstein“ – dies sei „eine langjährige Tradition, die den Nutznießern wegen ihrer Undurchsichtigkeit und ihrer Geheimnisse volle Zufriedenheit beschert hat“.

Allein aus Afrika hat Elf so nach Tarallos Angaben seit den 70er-Jahren jährlich „fast 60 Millionen Dollar“ zum Nutzen seiner afrikanischen Geschäftspartner beiseite geschafft – insgesamt kamen also Milliardensummen zusammen. Ob diese Praxis heute noch fortgesetzt wird, sagte Tarallo nicht. Aber ihm zufolge wirtschaftet Elf nicht nur in Afrika so. „Dieses System wird in der ganzen Welt angewandt, außer in den OECD-Ländern“, sagte er. „Die russische Situation ist besonders kompliziert. Die Provisionszahlungen an politische Entscheidungsträger sind dort besonders umfangreich.“

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