: Schröder wettet auf Strieder
Gerhard Schröder empfiehlt der Berliner SPD die Wiederwahl ihres Vorsitzenden Peter Strieder. Schon zum zweiten Mal greift der Kanzler auf Bitten von Parteivize Benneter in hauptstädtische Querelen ein
von RALPH BOLLMANN
Jetzt hat der Kanzler doch noch eingegriffen. Monatelang hatte die Bundespartei der Demontage des Berliner SPD-Vorsitzenden Peter Strieder tatenlos zugesehen, weil jedes Eingreifen die Lage nur verschlimmert hätte. Am Mittwochabend jedoch erschien Gerhard Schröder, als „Überraschungsgast“ angekündigt, im Schlepptau seines alten Juso-Freundes Klaus-Uwe Benneter auf einem Pressefest der Berliner SPD-Fraktion – und kleidete seine Empfehlung für den morgigen Landesparteitag in die Form einer Wette.
„60 zu 40 für Strieder“, lautete Schröders Tipp für die entscheidende Abstimmung zwischen dem amtierenden SPD-Landeschef und seinen beiden parteiinternen Widersachern. Diese Prognose sei keinesfalls als Empfehlung zu verstehen, fügte der Vorsitzende süffisant lächelnd hinzu. Ernst wurden seine Gesichtszüge erst wieder, als er seine Freude bekundete, den Abend mit den Berliner Genossen verbringen zu dürfen.
Während Schröder mit dem Gastgeber, Fraktionschef Klaus Wowereit, im Scheinwerferlicht posierte, stand Strieder breit grinsend im Abseits. Seine Getreuen gratulierten dem Senator, fielen ihm gar um den Hals. Die Konkurrenten Hermann Borghorst und Stefan Grönebaum, von der prominenten Stippvisite düpiert, schauten finster.
Ob Strieder von der Rückendeckung profitiert, ist allerdings fraglich. Der Senator, mit den antiautoritären Reflexen seiner 20.000 Berliner Genossen inzwischen bestens vertraut, vermied es vorsorglich, sich gemeinsam mit dem Kanzler aufs Foto zu drängen. Strieder-Kritiker äußerten noch am Abend die Hoffnung, der Zuspruch von oben werde den Landeschef Stimmen kosten.
Schon einmal hatte Schröder auf Bitten Benneters in die Berliner SPD-Interna eingegriffen. Im Januar 1999, kurz vor der Urwahl des Spitzenkandidaten, traf er sich im Nobelrestaurant „Vau“ am Gendarmenmarkt mit dem Genossen Walter Momper. Für die Partei war der Coup wenig hilfreich: Zwar machte Momper wenige Tage später das Rennen, doch im Kampf um die Wählergunst erwies sich der Ex-Bürgermeister als Totalausfall.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen