: Perschau packt die Peitsche aus
■ „Homosexuelle und lesbische“ Lebenspartnerschaften – Bürgermeister Hartmut Perschau (CDU) ist strikt dagegen und poltert gegen den neuen Gesetzentwurf der Bundesregierung
Bis gestern war die Welt für die schwul/lesbische Arbeitsgruppe „Warmer Herbst“ fast noch in Ordnung. Briefe an StellvertreterInnen der Parteien, Kirchen, Gewerkschaften wurden gerade eingetütet, um sie für eine Stellungnahme zur Gleichstellung schwul/lesbischer Partnerschaften zu gewinnen. Damit wollten die neu formierten Aktiven vom Rat und Tat Zentrum, Betroffene Eltern, Grüne und SPD gesellschaftlich Druck machen für eine Zustimmung Bremens im Herbst im Bundesrat zum Gesetzentwurf. Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) allerdings funkte gestern dazwischen – mit einer harschen Ablehnung des geplanten Gesetzentwurfs.
Perschau wertet den Gesetzentwurf der rot-grünen Bundesregierung als „Angriff auf die Ehe als die Keimzelle der Gesellschaft.“ Damit werde die vom Grundgesetz gewollte Hervorhebung von Ehe und Familie zur Farce, wettert der Finanzsenator: „Wir brauchen keine Privilegierung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften.“ Der Rest der Union sieht das nicht viel anders: Keine Gleichstellung mit der Ehe, wohl aber punktuelle Verbesserungen zum Beispiel beim Auskunftsrecht, erklärten Fraktionschef Jens Eckhoff und auch die Junge Union.
Für viele Aktivisten blieben Perschaus Äußerungen dagegen „völliger Quatsch“. Der Schutz der Ehe müsse ja nicht mit der Diskriminierung anderer Lebensformen erfolgen, korrigierte Jörg Hutter (Grüne): „Den Heterosexuellen wird doch nichts weggenommen – das ist ein Missverständnis.“ Für die Schwulen Sozialdemokraten Bremen (Schwusos) war die Sache klar: „Herr Perschau stellt sich ins Abseits.“
Trotzdem – ein Perschau-Statement im Sommertheater mit Folgen: Ihre Brief-Aktion an einige CDU-Parteigänger sah die Arbeitsgemeinschaftt damit konterkariert, gleichzeitig schwand die Hoffnung auf eine Bremer Zustimmung im Bundesrat. „Nach der Positionierung Perschaus wird es schwierig, die CDU noch zu gewinnen“, bekannte Jörg Hutter von den Grünen. Die Hürden sind jetzt extra-hoch, kommentierte auch Michael Engelmann (SPD), einzig bekennender Schwuler der Bremischen Bürgerschaft: „Jetzt wird viel Überzeugungsarbeit auf die SPD zukommen“, die starre Haltung des konservation Koalitionspartners zu überwinden.
Um zu retten, was noch zu retten ist, „müssen wir jetzt richtig in die Puschen kommen“, bekannten die Bremer Aktiven und wollen Einzelgespräche mit den Parteifunktionären führen. Diejenigen auf ihre Seite bringen, die vielleicht noch was reißen können, damit „Bremen sich nicht wieder mal leichtfertigerweise im Bundesrat enthält.“ Für September oder Oktober sind Veranstaltungen geplant.
Vorsichtige Anzeichen von Unterstützung kamen gestern aus dem Sozialressort. Senatorin Hilde Adolf (SPD) bekannte: „Ein biss-chen Toleranz täte allen gut aus der CDU.“ Und ihr Staatsrat Arnold Knigge sekundierte: „Ich habe nichts gegen gleichgeschlechtliche Ehen – solange sie nicht zur Pflicht werden.“ Und auch die evangelische Bischöfin Margot Käßmann hatte signalisiert, dass sie in dem Gesetzentwurf keine Gefährdung der Ehe erkennen konnte. pipe
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen