: Streit um Bannmeile
Die CDU pocht mit Macht darauf, den Bannkreis auch auf das Brandenburger Tor auszudehnen
von NICOLE MASCHLER
Mit dem Umzug nach Berlin hatte der Bundestag auch die Bannmeile abgeschafft. Nach dem Willen der rot-grünen Koalition sollten „befriedete Bezirke“ ausreichen, um die Sicherheit des Parlaments zu garantieren. Nachdem aber die rechtsextreme NPD Ende vergangener Woche ankündigte, am 27. Januar kommenden Jahres eine Kundgebung am Brandenburger Tor abzuhalten, ist der Streit um die Bannmeile erneut entbrannt.
Die CSU will den Bannkreis nicht nur auf das unmittelbare Gelände des Reichstages beschränken, sondern darüber hinaus auch auf den Bereich um das Brandenburger Tor ausdehnen. Überdies sollen an Orten mit „nationalem Symbolgehalt“ künftig Verbote ausgesprochen werden können. Am Holocaust-Gedenktag sollen Neonazis keine Möglichkeit haben, an der Gedenkstätte aufzumaschieren. Eine entsprechende Gesetzesinitiative kündigte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Peter Ramsauer, gestern gegenüber der taz an. Bereits im vergangenen Herbst habe er im Ältestenrat gefordert, das Gesetz über die „befristeten Bezirke“ zu ändern. Doch die Kollegen hätten ihm die „kalte Schulter“ gezeigt. In einem Gespräch mit dem Berliner Innensenator Eckhart Werthebach (CDU) habe er Ende Juni die Details des Gesetzentwurfes besprochen. Den Entwurf will die CSU nach der Sommerpause in den Bundestag einbringen. Eine Neuregelung sei dringend geboten, so Ramsauer, „nach dem, was wir in den letzten Wochen erlebt haben“.
In diesem Januar konnte die NPD durch das Tor marschieren, nachdem das Oberverwaltungsgericht ein Verbot aufgehoben hatte. Es gebe keine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, hatten die Richter argumentiert.
Daraufhin war ein heftiger Streit um eine Verschärfung des Versammlungsrechts entbrannt. Die rot-grüne Bundesregierung lehnte den Vorschlag des Berliner Bürgermeisters Eberhard Diepgen (CDU) ab, die Bannmeile um den Reichstag auszuweiten. Es sei Aufgabe der Berliner Innenverwaltung, „massiv verbotswürdige Demos“ zu verhindern, argumentierte der innenpolitische Sprecher der SPD, Dieter Wiefelspütz.
Als der Bundestag die Bannmeile abschaffte hieß die Begründung, es könne nicht darum gehen, Bürger aus dem Umkreis des Parlaments zu „verbannen“. Die Einschränkung der Bannmeile durch SPD und Grüne habe die NPD-Demonstrationen unter dem Brandenburger Tor überhaupt erst möglich gemacht, hatte gestern auch der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Erwin Marschewski, kritisiert.
CSU-Politiker Ramsauer ist dennoch davon überzeugt, dass die Regierung seinen Vorstoß aufgreifen wird. „Ich bin optimistisch, dass es zu einer fraktionsübergreifenden Regelung kommt.“
Die Bannmeile sei ausschließlich dazu da, die Arbeitsfähigkeit des Parlaments zu sichern, betonte dagegen die Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Ute Vogt. Würde man den Bannkreis auf das Brandenburger Tor ausweiten, wären davon automatisch alle politischen Gruppierungen betroffen. „Man kann das Demonstrationsrecht nicht nur für eine Gruppe verbieten.“ Im Zweifel habe die Demonstrationsfreiheit Vorrang. Wichtiger als rechtliche Maßnahmen sei es, die Ursachen des Rechtsextremismus zu bekämpfen. „Wir müssen daran arbeiten, dass junge Leute sich nicht rechten Truppen anschließen.“
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