: Völkisches für die Lebensfrohen
Die „Bürgerbewegung pro Köln“ beschwört die Weltoffenheit und liebt das Grundgesetz. Gleichzeitig hetzt sie gegen Schwule, Lesben und Multikulti-Projekte. Der Mann hinter dem Verein ist Manfred Rouhs, einer der schillerndsten Neonazi-Aktivisten
aus Köln PASCAL BEUCKER
Der Kandidat kommt bürgerlich bieder daher. Er wolle „für die Interessen aller fleißigen und lebensfrohen Menschen in dieser Stadt“ eintreten, verkündet Stephan Flug. Der 33-jährige Groß- und Außenhandelskaufmann, in Köln ein unbeschriebenes Blatt, tritt für die „Bürgerbewegung pro Köln“ zur Kölner Oberbürgermeisterwahl am 3. September an. „Ihr Votum für pro Köln ist eine Stimme für eine engagierte Zukunft!“, verkündet der selbst ernannte „kölsche Haider“.
Die „Bürgerbewegung“ und die Kandidatur des ehemaligen Siegener „Republikaner“-Kreisvorsitzenden sind die neuesten Produkte aus der Ideenschmiede von Manfred Rouhs, einer der schillerndsten Figuren der rechtsextremen Szene. Rouhs, der sein Geld mit der Produktion und dem Verkauf von Nazi-Musik verdient, gilt als der heimliche Chef von „pro Köln“. Sein Verlag firmierte bis vor kurzem noch als Kontaktanschrift, und auf ihn ist die Homepage des rechten Vereins zugelassen.
Seine Karriere begann der 35-Jährige in der Jungen Union. 1981 trat er den Jungen Nationaldemokraten (JN) bei. Von 1985 bis 1987 war er ihr NRW-Landesvorsitzender und kandidierte 1986 für die NPD zum Bundestag. Während seines Jurastudiums an der Kölner Universität schloss er sich dem Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) an. Der RFS war Ende der Achtziger an einem knappen Dutzend Hochschulen in der Bundesrepublik vertreten und ein Sammelbecken von Deutschnational-Völkischen, „Freiheitlichen“ à la FPÖ und militanten Nazis. 1988 gründete Rouhs die Zeitschrift Europa vorn, die bald zu einem der bedeutendsten Strategieorgane der extremen Rechten zählte und bis heute – inzwischen unter dem Namen Signal – ein Forum ist für rechtsextreme Funktionäre und Theoretiker wie David Irving.
Zusammen mit seinem RFS-Kameraden Markus Beisicht baute Rouhs Ende der 80er-Jahre den Kölner Kreisverband der „Republikaner“ auf und schaffte bei den Kommunalwahlen 1989 den Sprung in den Rat der Stadt. Nachdem sich die beiden mit der Partei überworfen hatten, gründeten sie gemeinsam mit dem Ex-REP-Europaabgeordneten Harald Neubauer die „Deutsche Liga für Volk und Heimat“ (DLVH). Im Kölner Stadtrat hetzten Rouhs und Beisicht gegen Roma und Flüchtlinge, gegen Bettler und Drogenkranke und gegen den jüdischen Schriftsteller Ralph Giordano. Für Aufsehen sorgte die Partei, als sie im März 1993 ein „Kopfgeld“ von 1.000 Mark auf eine von Abschiebung bedrohte Roma-Frau aussetzte, die versteckt in Köln lebte.
Bei der Kommunalwahl 1994 flog die DLVH aus dem Stadtrat. Rouhs wechselte 1996 von Köln nach Eschweiler-Dürwiß bei Aachen. Doch sein Versuch, hier ein „Nationales Zentrum“ aufzubauen, scheiterte. Der Stadtrat von Eschweiler forderte die Bürger auf, „gemeinsam friedliche Aktionen gegen Neonazismus und Rassismus in Eschweiler durchzuführen“. Nach sechzehn Monaten musste Rouhs seine Koffer packen und kehrte nach Köln zurück.
Sein Verlag fand Unterschlupf in einer Eigentumswohnung des Leverkusener Rechtsanwalts Karlheinz Schlaeper. Man kennt sich, man hilft sich: Schlaeper ist Vater von Gabriele Renate Beisicht, der früheren RFS-Bundesvorsitzenden und die Frau des alten Rouhs-Kameraden Markus Beisicht.
Und der Rechtsanwalt ist auch Rechtsbeistand der „Bürgerbewegung pro Köln“. Die präsentiert sich als demokratische Alternative zu den „Altparteien“: „Nur wer sich unmissverständlich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung unseres Landes bekennt, kann Mitglied bei pro Köln werden.“ Halt so jemand wie Manfred Rouhs.
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