Schizophrene Toleranz

„Beleidigend und unwürdig“: SPD und GdP entsetzt über Parolen des CDU-Abgeordneten Ehlers. Demo-Verbot bestätigt  ■ Von Elke Spanner

Karl-Heinz Ehlers kommt. Demonstriert. Und „zeigt Gesicht“. Unter dieser Parole hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zu der antifaschistischen Demons-tration morgen aufgerufen, in die auch der CDU-Hardliner sich einreihen will, „na klar doch“. Eine Ankündigung, die der DGB-Vorsitzende Erhard Pumm zunächst mit einem Schlucken, dann mit Zynismus zur Kenntnis nimmt: „Die Schizophrenie hat viele Gesichter.“ Aber wer gegen Rechts demons-trieren wolle, so sein Fazit, der solle kommen: „Ich habe eine hohe Toleranzschwelle.“

Schon gestern hatte der Bürgerschaftsabgeordnete Ehlers Gesicht gezeigt. Da hatte er dem DGB-Vorsitzenden geschrieben, dieser trage Mitschuld am Wiedererstarken des Rechtsextremismus (taz berichtete): Pumms Partei, die SPD, habe stets „linken Terror von Kurden oder Rotfloristen“ belohnt und damit „den Weg für die Nazibrut mit bereitet“. Genau wie Erhard Pumm, so Ehlers gegenüber der taz, sei er gegen rechte Gewalt. Im Gegensatz zu Pumm sei er jedoch nicht „auf dem linken Auge blind“. Denn er, Ehlers, der in dem Zusammenhang auf sein Geschichtsstudium verweist, habe seine „Lektion aus Weimar gelernt“.

Die CDU-Fraktion sieht sich nicht veranlasst, von den Äußerungen Ehlers abzurücken. Die Partei habe „eine breite Spannbreite von verschiedenen Meinungen“, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Roland Salchow. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Holger Christier hingegen schäumt. Er bezeichnete den Brief als „nicht hinnehmbare Entgleisung, beleidigend vor dem geschichtlichen Hintergrund und schädlich für den jetzt notwendigen demokratischen Konsens“. Auch der stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Peter Schwalme, nannte Ehlers „Parolen skandalös, unglaublich und unwürdig“.

Auf der Demonstration morgen werden als RednerInnen unter anderem Esther Bejerano vom Auschwitz-Komitee, Peter Witts vom „Bündnis gegen Rassismus und Faschismus“ sowie die Präsidentin der Bürgerschaft, Dorothee Stapelfeld (SPD), ans Mikrofon treten.

Unterdessen hat das Hamburger Verwaltungsgericht gestern das polizeiliche Verbot für die Samstag und Sonntag in der City angemeldeten Neonazi-Demos bestätigt. Eine Begründung wird erst heute vorliegen. Die Polizei hatte darauf verwiesen, bei der unter einem anderen Motto angemeldeten Veranstaltung handele es sich um eine Gedenkveranstaltung für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß. Das bestätigt auch die Ansage auf dem rechten „Nationalen Infotelefon“: Dort wurden noch gestern „die Kameraden“ dazu aufgerufen, Rudolf Heß zu gedenken – unter anderem auf Demonstrationen in Berlin, Rostock und eben Hamburg.

Auch die Stadt Lübeck hat eine für morgen angemeldete rechtsextremistische Kundgebung der NPD verboten. Und ist noch einen Schritt weitergegangen: Das Verbot gilt zugleich „für jede Form von Ersatzveranstaltungen im August“.