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Rechtsrum in die Bürgerschaft

DVU-Bundesvorstand befiehlt: Alle Kräfte sammeln. Das Ziel: Zehn plus x.  ■ Von Andreas Speit

Während die Freien Nationalisten ihren „Kampf um die Straße“ führen, bereitet sich die Deutsche Volksunion (DVU) auf den Kampf um die Bürgerschaftssitze in der Hansestadt vor. Einstimming hat der Bundesvorstand beschlossen, dass der Landesverband Hamburg zu den Bürgerschaftswahlen 2001 antritt.

„Über 55 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriges sieht sich Deutschland immer neuen Reparationsforderungen ausgesetzt“ begründet der alleinherschende Bundesvorsitzende Dr. Gerhard Frey den Beschluss. Aber auch andere „eklatante Missstände“, die „unser Volk“ bedrängen, mache die Kandidatur der mit bundesweit etwa 17.000 Mitgliedern stärksten neofaschistischen Partei vonnöten.

Bei den Wahlen 1997 verpasste die Hamburger DVU mit 4,9 Prozent der Stimmen knapp den Einzug in die Bürgerschaft. Angeführt von ihrem Spitzenkandidaten Heinrich Gerlach stritt sie mit den Parolen „Hamburg den Deutschen, Istanbul den Türken“ und „Für Recht und Ordnung“ um die Gunst der Wähler. „Nur durch Fälschungen wurde die DVU auf 4.99 Prozent herabgedrückt“, glaubt der Millionär Frey.

Allerdings zog die Partei mit 13 Abgeordneten in die Bezirksparlamente von Harburg, Bergedorf, Mitte und Wandsbek ein „Die Wähler lassen sich nicht täuschen“ und „wählen lieber das Orginal“ erklärte Frey das Ergebnis. Auch wenn die 1987 als „DVU-Liste D“ gegründete und 1991 in DVU umbenannte Partei ihren Themen treu geblieben ist, hat sich doch ihre Methode verändert: Während früher Rede- und Anfragentext zu Ausländern, Drogenhandel und Kriminalität per Fax aus der Münchner Parteizentrale kamen, formulieren die Abgeordneten heute selbst. „Die Arbeit der DVU in den Bezirken zeichnet sich durch gründlich vorbereitete Reden und ständige Anträge aus“, beschreibt Matthias Schmidt, Autor einer Studie der Landeszentrale für politische Bildung über die Hamburger DVU.

Die Wandsbeker Bezirksfraktion baute Gerlach, Fraktionsvorsitzender und stellvertretender Bundesvorsitzender, zur Basis der 400 Mitglieder großen Hamburger DVU aus. Zu der dreiköpfigen Fraktion gehört auch der Landesvorsitzende Rudolf Reinders. Zwischen 1997 und 1999 stellte alleine die Wandsbeker DVU-Fraktion 66 Anträge. „Die Anträge reichen von der Sorge über die vermeintliche Überfremdung bis hin zur Straßenumbenunng“ erläutert Horst Görner, Geschäfstführer der GAL-Wandsbek.

Damit die DVU nicht wieder einer „Fälschung“ zum Opfer falle, fordert Frey, alle Kräfte für die Wahlschlacht zu bündeln. Er will zehn Prozent der Stimmen. Nicht ganz so viel wie Ronald Schill mit seiner „Partei Rechtsstaatliche Offensive“. Für die rührt die „neurechte“ Wochenzeitung „Junge Freheit“ bereits die Werbetrommel, indem sie Schills Programm wohlwollend kommentieren.

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