TROTZ KOCHS LÜGEN: DIE HESSEN-FDP STEHT NOCH IMMER TREU ZUR UNION: Die Symbiose von Wiesbaden
Nur eine weitere Lüge unter Freunden – so scheint es Hessens FDP zu sehen. Kein Aufschrei der Empörung bei den Liberalen auch nach der vierten Lüge von Ministerpräsident Roland Koch (CDU). Die Vorsitzende der Hessen-FDP, Wissenschaftsministerin Ruth Wagner, lebt ganz offenbar in Symbiose mit dem Vorsitzenden der hessischen Union.
Symbiose? Das ist das Zusammenleben von verschiedenartigen Organismen zum gegenseitigen Nutzen. Zuweilen eine recht lockere Verbindung. Meist aber gibt es echte Symbiosen; wie etwa die zwischen dem Einsiedlerkrebs (Koch) und der Seeanemone (Wagner). Der Nutzen für Koch liegt auf der Hand: Nur wenn ihm die FDP weiter die Stange hält, kann er Ministerpräsident bleiben – und die CDU weiter an der Macht. Und für Wagner?
Nur Koch garantiert der FDP-Frontfrau den Kabinettsposten und ihrer Partei die Regierungsbeteiligung, inklusive Mitspracherecht im Bundesrat. Für die Liberalen steht in Hessen zurzeit kein anderes „Wirtstier“ zur Verfügung als die Union und für die kein anderes „Gasttier“ als die FDP. SPD und Bündnisgrüne leben nämlich aus anderen Gründen auch in einer Art von Symbiose zusammen. Allerdings eher in der lockeren Verbindung – in der Opposition gibt es keine Koalition.
Nichts von der hessischen Symbiose auf der Regierungsbank hat allerdings die FDP außerhalb des Landes; sie erleidet eher großen Schaden. Der Vorsitzende der Bundespartei, Wolfgang Gerhardt, aktuell in Berlin selbst auf der Suche nach einem neuen „Wirtstier“, ist ganz außer sich vor Ärger über die Symbiose in Wiesbaden. Doch das kratzt die hessische FDP nicht – und schon gar nicht die CDU.
Dauern solche Symbiosen also ewig? Manchmal knapp 16 Jahre – auf Bundesebene. Aber sie können auch beendet werden. Etwa durch ein (Wahlprüfungs-)Gericht. Oder wenn „Wirtstier“ Koch einmal rechtskräftig verurteilt werden sollte und ins Gefängnis müsste. Denn dahin mitgehen will die FDP ganz bestimmt nicht, hat Ruth Wagner gesagt. Dann sei Schluss. Immerhin. Dann wird sich die FDP ein neues „Wirtstier“ suchen müssen und sicher auch finden. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
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