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Läden länger offen

Täglich von sechs bis zehn, fordern die Bundesländer. Gewerkschaften drohen mit Streik und hoffen vor allem auf die SPD im Bundestag

BERLIN taz ■ Werktags von 6 bis 22 Uhr, am Samstag von 6 bis 20 Uhr – mit ihrem Vorstoß zur Verlängerung der Ladenschlusszeiten haben die Länder gestern neuerlich Deutschland gespalten. Hier die Konsumenten – dort die VerkäuferInnen. Sachsens Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) kritisiert das gültige Ladenschlussgesetz als „Ignoranz der Bundesregierung gegenüber den Wünschen von Millionen Menschen“. „60 bis 70 Stunden Einkaufen pro Woche sind genug“, erklärt dagegen Roland Issen, Chef der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG).

Noch bevor die Staatssekretäre der Länder gestern ihren Vorschlag präsentierten, kündigte die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) massiven Widerstand gegen die Idee der Staatssekretäre an. „Es wird einen heißen Herbst geben“, sagte die HBV-Vorsitzende Margret Mönig-Raane im Berliner Hörfunksender Berlin aktuell.

Bei Jörg Wiedemuth, Leiter der Abteilung Tarifpolitik beim Hauptvorstand der HBV, klingt das allerdings nicht so kämpferisch. Der auch für den Ladenschluss zuständige Gewerkschafter erklärte gegenüber der taz, das Votum der Staatssekretäre sei „lediglich ein Meinungsbild, das nicht lohnt, so hoch gehangen zu werden“. Schließlich basiere der Ladenschluss auf einem Bundesgesetz, die SPD werde „sich hüten“, den bestehenden Kompromiss anzutasten. „Wir verpflichten die Sozialdemokraten auf das, was sie im Wahlkampf versprochen haben: den Ladenschluss nicht anzutasten“, so Wiedemuth. Falls diese Verpflichtung allein allerdings nicht ausreiche, könnte nach Wiedemuth letzlich auch ein Streik nicht ausgeschlossen werden. Die HBV hat derzeit etwa 480.000 Mitglieder.

Die Kirchen sind nicht generell gegen längere Ladenöffnungszeiten. Zwar sprachen sich sowohl Evangelische wie Katholiken für den einkaufsfreien Sonntag aus. In der Woche gebe es aber „einen Bedarf nach größerer Flexibilität“, erklärte Propst Karl-Heinrich Lütcke von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg.

FDP-Chef Wolfgang Gerhardt nutzte gestern den Ländervorstoß in eigener Sache: Er erklärte, dass die FDP als bislang einzige Partei einen Gesetzentwurf zur Abschaffung des Ladenschlussgesetzes in den Bundestag eingebracht habe. Nun wolle sie „die Probe aufs Exempel“ machen und ihren Entwurf erneut zur Abstimmung stellen.

Die baupolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Franziska Eichstädt-Bohlig, will den Ladenschluss nach Standorten differenzieren. Um die Attraktivität der Citys zu fördern, sollen Läden dort länger öffnen dürfen, auf der grünen Wiese aber nicht.

NICK REIMER

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